Karlsruhe

Car Culture

Paweł Wocial, The Spirit of Ecstasy, 2008. Foto: © Paweł Wocial, Fotoquelle: ZKM | Karlsruhe
Aus Freude am Fahren: Das ZKM in Karlsruhe wird zum familientauglichen Drive-in-Museum und fährt Kunst im automobilen Zeitalter auf. Wer sich nicht ans Steuer setzen will, kann den Auto-Kultursalon auch virtuell besuchen.

Angesichts von Scherzen wie in der Kfz-Werkstatt nach Feierabend nimmt sich «Auto Reverse» wohltuend sachlich aus. Kay Michalak und Sven Voelker fotografieren die Unterseiten normaler Pkw und enthüllen eine fremde Welt roher Technik ohne Designer-Schnickschnack.

 

Alte Anti-Auto-Reflexe unter sich

 

Neue Aspekte gewinnt auch Yin Xiuzhen dem fahrbaren Untersatz ab: Sie hat einen Minivan geteilt und um ein Vielfaches verlängert. Nun bietet der Tausendrädler Platz für ein vielköpfiges Kollektiv; ob es im motorisierten Kokon näher zueinander findet oder sich abschottet, bleibe dahingestellt.

 

Jedenfalls weist der Tatzelwurm auf einen gigantischen Nachholbedarf hin: Noch fährt nur jeder 20. Chinese ein Auto. Der Individualverkehr hat in weiten Teilen der Welt erst begonnen. Doch die globale Mobilmachung und ihre möglichen Folgen kommen in der Schau kaum vor – die alten Industriestandorte und Anti-Auto-Reflexe bleiben unter sich.

 

Es sei denn, man begreift die vom ZKM kräftig propagierte Multimedialität als Antwort. Bernd Lintermann und Kollegen steuern eine «Augmented Reality Installation» bei: Auf Wunsch erhält der Besucher ein iPad, dass die aktuellen Verkehrsströme im Bundesland anzeigt.

 

Konsumkritik, die blinkt und scheppert

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Besprechung der Ausstellung "Private Wurm" - Skulpturen und Installationen von Erwin Wurm im Essl Museum, Klosterneuburg bei Wien.

 

Die meisten Verkehrsadern sehen schwer verstopft aus; wie kurz vor dem Infarkt. Doch zu Fuß gelangt man mit wenigen Schritten in virtuelle Räume von Institutionen der Region, die dem Auto verbunden sind – sei es eine Fabrik, ein Show-Room oder ein Oldtimer-Museum.

 

Oder man entlastet den Verkehr, indem man daheim bleibt: Die Website der Ausstellung liefert selbige frei Haus. Jeder Künstler wird mit Exponat ausführlich vorgestellt, kundig von Kuratoren kommentiert. Doch dann brächte man sich um einen gelungenen Familienausflug. Am meisten Freude an den aufgemotzten Kisten haben Kinder: Den Autofahrern von morgen ist diese Form der Konsumkritik sehr willkommen, solange sie nur blinkt und scheppert.