Naumburg/Saale

Der Naumburger Meister – Bildhauer und Architekt der Kathedralen

Westlettner des Naumburger Doms; Foto: G. Siebert
Umberto Eco schwärmt für sie, Disney porträtierte sie: Markgräfin Uta war die Schönste im deutschen Mittelalter. Ihren Schöpfer würdigt nun eine Landesausstellung: mit einem langen, steinigen Kreuzweg, der ins Paradies führt.

Diesem wandernden Universalkünstler ist die «Landesausstellung Sachsen-Anhalt 2011» gewidmet. Sie treibt einen Aufwand, der beim Bau einer Kathedrale angemessen wäre: 500 Exponate an fünf Standorten, die für 14 Millionen Euro saniert wurden. 456 Glasleuchten, acht Kilometer Stromkabel, 600 eigens angefertigte Vitrinen und Aufsteller. Dafür wurden 65 Tonnen Stein und sechs Tonnen Stahl verbaut, heißt es stolz – Tonnen-Ideologie wie vor 50 Jahren.

 

Abriss der Kirchen-Baukunst der Epoche

 

Natürlich ist das Vorhaben löblich, alle Hauptwerke eines mittelalterlichen Steinbildhauers an einem Ort zu versammeln. Dort lässt sich vergleichen, wofür man sonst weit reisen müsste; nicht transportierbare Skulpturen sind durch hochwertige Abgüsse vertreten. Doch die ohnehin titanische Aufgabe genügt den Machern nicht: Sie wollen außerdem einen Abriss der gesamten Kirchen-Baukunst der Epoche, ihrem stilistischen Wandel, technischen Voraussetzungen, geistigen Grundlagen und sozialen Entwicklungen liefern.

 

Diese Enzyklopädisten schert das Verhältnis von Aufwand zu Erkenntnisgewinn wenig: Aus Hildesheim schaffen sie ein mannshohes Taufbecken aus massiver Bronze herbei. Nur weil es von Figuren getragen wird, und dieses Atlas-Motiv auch im Werk des Naumburger Meisters auftaucht.

 

Katalog wie eine Krypta

 

Solche Materialfülle erschlägt den Besucher, zumal sie kaum kommentiert wird. Das bleibt dem kiloschweren Katalog vorbehalten: 1.500 Seiten in zwei Bänden. Darin Informationen zu suchen, gleicht dem Entziffern scholastischer Traktate. Hier ruht der gesicherte Stand der Forschung wie in einer Krypta – von Lesern ungestört.

Hintergrund

Lesen Sie hier eine Rezension der Sächsischen Landesausstellung "800 Jahre Via Regia" in Görlitz.


Um in diesem Mediävisten-Labyrinth nicht verloren zu gehen, beschränke man sich tunlichst auf die Hauptausstellung. Sie breitet in der Dom-Klausur ein üppiges Panorama der mittelalterlichen Welt aus: von Handschriften und liturgischem Gerät über Glasmalerei-Fenster bis zu allerlei Bauteilen. Es gilt, Gänge und Säle rasch zu durcheilen, um von den Spolien nicht verschüttet zu werden.

 

Und aufmerksam zu bleiben für das grandiose Schauspiel im Kirchenschiff: Umgeben von den anderen Werken des Naumburger Meisters entdeckt man seine einzigartige Komposition des Westchors ganz neu. Wie Verfasser mittelalterlicher Heiligen-Legenden haben die Kuratoren einen langen, steinigen Weg vor den Eintritt ins Himmelreich gesetzt: Aber dieses Paradies ist es wert.