Köln

Tat Ort Museum

Friedrich Nerly, Die Grotte des Posilippo (Detail), vor 1847; Foto: MuseenKöln
Dreimonatiger Tag der offenen Tür: Das Wallraf-Richartz-Museum wird 150 Jahre alt und feiert das mit einer Sonderschau über seinen Arbeitsalltag. «Tat Ort Museum» führt anschaulich vom Ankauf bis zum Audioguide.

Werkstatt mit High-Tech-Chemielabor

 

Stark an Bedeutung gewonnen hat die Provenienzforschung: Etwa 100 in der Nazi-Zeit erworbene Bilder könnten Raubkunst sein. Erzählt wird der Werdegang zweier Beispiele: Ein Werk von Hendrik Terbrugghen bekam 2009 der rechtmäßige Erbe zurück; Adolph von Menzels Darstellung der Prager Alt-Neu-Synagoge darf das Museum behalten.

 

Nun folgt ein Abstecher in die Werkstatt. Dort befreit eine Restauratorin die Leinwand eines Murillo von bräunlicher Firnis: Ihre Ausrüstung erinnert an ein High-Tech-Chemielabor. Allerdings kann keine Restaurierung alle Altersspuren beseitigen. Sie werden genau dokumentiert, bevor ein Werk ausgeliehen wird. Der internationale Leihverkehr hat eine kleine Industrie hervorgebracht, deren Erzeugnisse von der Verpackungsfolie bis zur Klimakiste ebenfalls ausliegen.

 

Klingender Katalog für 73 Bilder

 

Nach diesen Pflichtaufgaben endlich die Kür: Bei der Inszenierung großer Ausstellungen sind dem Einfallsreichtum kaum Grenzen gesetzt. Obwohl selten für ein einziges Bild solcher Aufwand betrieben wird wie für Van Goghs «Zugbrücke» von 1888: Die Kuratorin reist mit Kamerateam an den Entstehungsort und stellt fest, dass die Brücke längst abgerissen wurde. Wenn jeder Fernsehkanal Reality-TV sendet, müssen Museen offenbar nachziehen.

 

Origineller war Johannes Niessen, Leiter des Hauses ab 1866: Für 73 Bilder verfasste er beschreibende Sonette, die er selbst vertonte. 1880 gab er seine Liedersammlung in kleiner Auflage heraus; ein einzigartiger, klingender Katalog. Der Ton zum Bild macht auch heute die Musik: Mit Hörspielen oder Melodien versucht die Museumspädagogik, Kinder für Kunstwerke zu begeistern.

 

«Fünf Säulen» der Museums-Architektur

 

Oder mit Mitmach-Aktionen wie in der Abteilung «ArtCrash»: Schüler stellen Motive von Gemälden nach. Da posiert die junge Migrantin Eliaze Buliaku mit Hut und Schleier in der gleichen Haltung wie eine schöne Wienerin, die Friedrich von Amerling Ende des 19. Jahrhunderts porträtierte. Die Ähnlichkeit ist verblüffend: Soviel zur Kopftuchdebatte.

 

Dem Islam steht das Museum ohnehin überraschend nahe. Seine «ideelle Architektur ruht» laut Eigendefinition auf «fünf Säulen»: Sammeln, Bewahren, Forschen, Dokumentieren und Vermitteln. Dieser Parcours verläuft wie meist an Tagen der offenen Tür: Eine Fülle neuer Eindrücke und Erkenntnisse, die man zuvor vielleicht erahnt, aber nicht wirklich gewusst hat. Samt etlicher Details, die man noch nie wissen wollte. Doch nie wieder wird man fragen, was Museums-Mitarbeiter eigentlich tun.