München

Drunter und Drüber – Altdorfer, Cranach und Dürer auf der Spur

Albrecht Altdorfer: Die Schlacht bei Issus (Alexanderschlacht), 1529, Detail; Foto: © Bayerische Staatsgemäldesammlungen München, Alte Pinakothek
… schaut die Alte Pinakothek auf ihre Meisterwerke: Mit Infrarot-Strahlen lassen sich die Unterzeichnungen von Gemälden sichtbar machen. Ein faszinierender Einblick in Maler-Werkstätten um 1500.

In dieser Ausstellung sind Werke Alter Meister einmal zweitrangig. Weltberühmte Gemälde wie das «Selbstporträt im Pelzrock» von Dürer oder die «Alexanderschlacht» von Altdorfer hängen nur als Kontrastfolie an der Wand. Denn es geht um Schwarzweiß-Fotos, die auf den ersten Blick unscheinbar wirken, aber den Meisterwerken täuschend ähneln.

 

Info

Drunter und Drüber - Altdorfer, Cranach und
Dürer auf der Spur



07.07.2011 - 18.09.2011
täglich außer montags 10 - 18 Uhr, dienstags bis 20 Uhr in der
Alten Pinakothek, München

 

Katalog 10 €



Weitere Informationen

Es handelt sich um so genannte Infrarot-Reflektographien: Sie wurden seit den 1960er Jahren zur Untersuchung von Gemälden eingesetzt und in den 1990er Jahren digital perfektioniert. Im Unterschied zu Röntgenstrahlen durchdringen Infrarot-Wellen nur die Malschicht und machen damit die Unterzeichnung sichtbar, die der Künstler auf der grundierten Leinwand anbrachte, bevor er malte.

 

Hunderte Infrarot-Aufnahmen für ein Bild

 

Um ein Bild vollständig zu untersuchen, werden mehrere Hundert Infrarot-Aufnahmen angefertigt, am Computer zusammengesetzt und optisch korrigiert. So entsteht eine originalgetreue Fotografie im gleichen Format – nicht des Gemäldes, sondern der darunter liegenden Zeichnung. Blickt man genauer hin, entdeckt man zahlreiche Abweichungen: Änderungen der Komposition oder nachträgliche Korrekturen.

 

Etwa die Akzente, die Lucas Cranach d.Ä. in seiner «Kreuzigung» von 1503 setzte: Er verkleinerte Marias Auge, damit sie Christus konzentriert anblickt, und führte den Arm von Johannes unter ihrem durch, um sie zu stützen – in der Zeichnung hatte er noch seine gefalteten Hände auf ihren Unterarm gelegt. Die Symbolik ist eindeutig: Sie betont die gegenseitige Fürsorge.


Impressionen der Ausstellung


 

Bettler durch Selbstporträt ersetzt

 

Manchmal änderte ein Maler in der Ausführung seine ganze Konzeption. Wie Hans Holbein d.Ä. auf einem Flügel des «Sebastianaltars» von 1516: Zu den Füßen der Heiligen sind zwei Bettlergestalten gezeichnet. Holbein ersetzte sie im fertigen Gemälde durch ein Selbstporträt und das Bildnis seines Sohnes.

 

Hintergrund


Lesen Sie hier eine Rezension der Ausstellung "Das Jahrhundert Vasaris" über Florentiner Zeichner des Cinquecento in der Gemäldegalerie, Berlin.

 

und hier eine Besprechung der Ausstellung "Meister der Dürerzeit" über Hans Baldung, gen. Grien, in der Gemäldegalerie, Berlin

 

und hier einen Beitrag zur Ausstellung "Die Graue Passion in ihrer Zeit" über Hans Holbein d.Ä. in der Staatsgalerie Stuttgart.

Andere Maler wussten von Anfang an genau, was sie wollten: Albrecht Dürer legte sein «Selbstbildnis» detailliert mit feinsten Parallel-Schraffuren an. Danach musste er nur noch das Liniengeflecht nachmalen. Ähnlich Albrecht Altdorfer, dessen «Alexanderschlacht» Höhepunkt und Abschluss der Schau darstellt; ihre Reflektographie wird erstmals öffentlich gezeigt.

 

Allzumenschliche Korrekturen

 

Die hin- und herflutenden Massen der streitenden Heere hat Altdorfer minutiös vorgezeichnet und dabei Hunderte von Figuren präzise angelegt. Dagegen entwarf er den grandiosen Panoramablick aus der Stratosphäre über das östliche Mittelmeer nur summarisch: skizzierte Wolkenbänder und Meeresküsten haben mit der endgültigen Ausführung wenig zu tun.

 
So revolutioniert diese kleine Kabinett-Schau mit acht Gemälden und ebenso vielen Aufnahmen zwar nicht unser Verständnis altdeutscher Malerei, doch sie demonstriert deutlich unterschiedliche Malstile: Manchen Meistern gelang alles im ersten Anlauf, andere mussten sich menschlich-allzumenschlich öfter selbst verbessern.