Cédric Klapisch

Mein Stück vom Kuchen

Die Perle auf seiner Seite: France und Steven bei einem Gala-Diner mit Geschäftsfreunden; Foto: Studiocanal
(Kinostart: 15.9.) Her mit dem schönen Leben: Die Putzfrau France umgarnt einen Börsenhai, der ihren Arbeitsplatz vernichtet hat. In bester französischer Bürgerwut-Tradition gelingt Regisseur Klapisch eine leichtfüßige Klassenkampf-Komödie.

Empört Euch! Bürgerwut steht im Heimatland der Revolution von 1789 gleichsam unter Artenschutz. Auch wenn die Monarchie längst Geschichte ist und in der liberalisierten Weltwirtschaft niemand genau weiß, welche Profite enteignet und Ausbeuter geköpft werden sollen: Wer seine Rechte lautstark einfordert, darf in Frankreich auf die Sympathie der schweigenden Mehrheit zählen.

 

Info

Mein Stück vom Kuchen

 

Regie: Cédric Klapisch, 109 min., Frankreich 2011;
mit: Karin Viard, Gilles Lellouche, Raphaële Godin

 

Offizielle Website

Dort gehören wilde Streiks, Straßenschlachten mit der Staatsmacht und fantasievoller Protest gegen soziales Unrecht zur politischen Folklore. In dieser Tradition steht auch «Mein Stück vom Kuchen»: Scharfe Sozialkritik, die im Gewand einer launigen Sittenkomödie daher kommt.

 

Wer hätte nicht Mitleid mit France? Die Mutter von drei Kindern hat ihren Arbeitsplatz verloren, weil Finanzjongleure eine Fabrik in Dünkirchen stillgelegt haben. Nun verdingt sie sich in Paris als Putzhilfe. Bei Steve, einem Börsenhai wie aus dem kommunistischen Bilderbuch: Er scheffelt Millionen, verführt das Model Tessa mit teuren Geschenken, vernachlässigt seinen unehelichen Sohn Alban – und vergeht vor Einsamkeit in seinem schicken Luxus-Loft.


Offizieller Film-Trailer


 

France hat ein Ohr für seine Sorgen und macht sich unentbehrlich. Zu ihrem Vorteil: Als Kindermädchen für Alban zieht sie Steve das Geld aus der Tasche und verwöhnt damit ihre Familie in Nordfrankreich. Ihre Fürsorge reicht so weit, dass sie mit ihrem Boss ins Bett geht – bis Steve preisgibt, wie er als skrupelloser Spekulant ihren Ex-Arbeitgeber «platt gemacht» hat.

 

Leichtfüßiges Klassenkampf-Lustspiel

 

Kein Fraternisieren mit dem Klassenfeind mehr: Aus Rache wird France zur Kidnapperin. Sie entführt Alban, damit sein Vater nach Dünkirchen fährt und selbst das Deindustrialisierungs-Desaster sieht, dass er angerichtet hat. Für den Anzugträger wird es ein Ausflug in die Höhle des Löwen voller Wutbürger.

 

Hedge-Fonds trifft auf Hartz IV: Regisseur Cédric Klapisch gelingt das Kunststück, aus den Klassengegensätzen im Turbokapitalismus ein leichtfüßiges Lustspiel zu stricken, das keinen Augenblick lang moralinsauer belehrt. Für eine gestandene Frau wie France ist eigentlich kein Platz in Steves chromblitzender Sphäre aus Börsenkursen, Boni und Statussymbolen.

 

Lachen als Balsam bei Job-Angst

 

Hintergrund

Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.

Dennoch hat er ihre Lebensklugheit bitter nötig – wie früher der König die seines Hofnarren. Dass die Brosamen vom Tisch der Reichen und Mächtigen nur um den Preis der Selbstachtung zu haben sind, merkt die Haushälterin erst spät; ihre Selbstjustiz fällt so melodramatisch wie ohnmächtig aus.

 

Der Showdown vor geschlossenen Fabriktoren wirkt natürlich so konstruiert wie die ganze Aschenputtel-umgarnt-Aktienhändler-Story. Trotzdem tröstlich, dass in einer Welt anonymer Märkte der Sündenbock ein Gesicht hat und es den Richtigen trifft: Befreiendes Lachen als Balsam für alle, die um ihren Arbeitsplatz fürchten.