Köln

Goldene Impressionen: Japanische Malerei 1400 – 1900

"Kanbun-Schönheiten": unsigniert, Schule des Iwasa Matabei (1578-1650), Hängerolle, Farben auf Papier, Blattgold und Blattsilber, 33,9 x 33,2 cm, Japan, 1. Hälfte 17. Jh. Foto: Museum für Ostasiatische Kunst
Hundert Jahre lagen die Schätze im Depot, nun glänzen sie in voller Pracht: Das Museum für Ostasiatische Kunst präsentiert einen faszinierenden Überblick über klassische japanische Kunst mit Meisterwerken aus fünf Jahrhunderten.

Es war das erste derartige Museum in Deutschland: 1913 wurde in Köln das Museum für Ostasiatische Kunst eröffnet. Doch erst jetzt kommen alle seine Schätze ans Tageslicht. Aus Anlass der Jubiläums-Feierlichkeiten zu 150 Jahren deutsch-japanischer Beziehungen werden 95 Meisterwerke der japanischen Malerei ausgestellt – ein faszinierender Überblick über die klassische Kunst des Inselreichs.

 

Info

Goldene Impressionen: Japanische Malerei 1400 - 1900

 

29.10.2011 - 15.04.2012
täglich außer montags 11 bis 17, erster Donnerstag im Monat bis 22 Uhr im Museum für Ostasiatische Kunst, Universitätsstraße 100, Köln

 

Kurzführer 16 €, Katalog 78 €

 

Weitere Informationen

Die Bestände stammen zum größten Teil aus dem Nachlass von Adolf Fischer. Der Museums-Gründer, der wenige Monate nach Eröffnung des Hauses starb, hatte als vermögender Privat-Gelehrter um 1900 eine bedeutende Kollektion von Asiatica zusammengetragen; insbesondere seine Sammlung japanischer Stell-Schirme sucht ihresgleichen.

 

Achtteilige Stell-Schirme

 

Solche meterlangen Stell-Schirme aus bis zu acht Teilen waren in Japan seit dem 7. Jahrhundert nicht nur als Raum-Teiler und Sichtschutz in Gebrauch, sondern auch als Untergrund für großformatige Gemälde. Die mit verschwenderischem Detail-Reichtum gestalteten Bild-Träger waren Status-Symbole, mit denen ihre Besitzer Vermögen und Einfluss zur Schau stellten.

Interview mit Museums-Direktorin Adele Schlombs und Impressionen der Ausstellung


 

Verschiedene Mal-Stile zur selben Zeit

 

Etliche der kostbaren Stücke lagerten Jahrzehnte lang wenig beachtet im Depot. Erst Spenden im Vorfeld dieser Sonderschau ermöglichten ihre Restaurierung; jetzt werden sie erstmals komplett gezeigt. Dabei verblüfft die Vielfalt der Malweisen – eine Eigenheit der Kunst Japans, in der unterschiedliche Stile zeitgleich gepflegt wurden.

 

In klassisch japanischer yamato-e-Malerei ist etwa der Stell-Schirm «Blumen und Vögel in Herbst und Winter» aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts gehalten. Nebel und Wolken sind aus Blattgold, während Tiere und Pflanzen in leuchtenden Mineral-Farben ausgeführt wurden; Blau- und Grün-Töne herrschen vor. Von rechts nach links wie die japanische Schrift betrachtet, wird der Wandel der Jahreszeiten sichtbar: Das in der Bildmitte saftig grüne Blattwerk färbt sich am linken Rand rotbraun ein.

 

Gesellschafts-Panorama beim Gion-Fest

 

Ein ganzes Panorama der japanischen Gesellschaft bietet der zweiteilige Stell-Schirm «Gion-Fest» – Fragment eines größeren Werks, dessen übrige Teile heute in Tokio und New York aufbewahrt werden. Dargestellt ist die Parade prunkvoll geschmückter Fest-Wagen, die alljährlich durch Kyoto zieht; Dutzende von Personen säumen die Straßen. Trotz der detailverliebten Darstellung wirkt die Komposition nicht überladen: Weite Teile sind von flächiger Vegetation oder goldenen Wolken bedeckt.

 

Völlig anders wirkt das Stellschirm-Paar «Drache und Tiger» in monochromer chinesischer Tusche-Malerei, ebenfalls aus dem 17. Jahrhundert. Beide Einzel-Schirme konzentrieren sich auf je ein Tier in der Mitte – sparsam um sie verteilte Natur-Elemente veranschaulichen ihre Attribute. Der Drache bringt Regen mit sich; der Tiger verursacht Wind, in dem sich Bambus-Blätter wiegen.

 

Etikette der höheren Stände auf acht Metern

 

Neben diesen wandfüllenden Blickfängen finden sich auch kleinteiligere Arbeiten. Etwa die ukiyo-e, Bilder der «fließend-vergänglichen Welt», hier vertreten durch das Genre der «Bilder schöner Frauen» (bijinga). Sie können auch schöne Jünglinge oder männliche Schauspieler zeigen, die im Kabuki-Theater alle Frauen-Rollen spielten; es kommt auf die Anmut und Eleganz der Darstellung an.

 

Didaktischen Zwecken dienten Geschichten auf langen Querrollen: Sie erzählen von Legenden oder historischen Ereignissen und verbinden meist Text mit Bildern – diese illustrierten für Lese-Unkundige den Inhalt. Ohne Schrift kommt die Rolle «Zahlreiche Fertigkeiten und Etikette» aus dem späten 17. Jahrhundert aus: Auf fast acht Metern sind Beschäftigungen der höheren Stände zu sehen, wie Brett-Spiele oder Tee-Zeremonien.

 

Zen-Heilige aus wenigen Pinsel-Strichen

 

Hintergrund

Lesen Sie hier eine Rezension der Ausstellung "Ferne Gefährten" über 150 Jahre deutsch-japanische Beziehungen in den Reiss-Engelhorn-Museen, Mannheim

 

und hier eine Lobeshymne auf die grandiose "Hokusai-Retrospektive" im Martin-Gropius-Bau, Berlin

 

und hier einen Bericht zur Ausstellung "Positionen" über japanische Holzschnitte im 20. Jahrhundert im Völkerkundemuseum München

 

und hier einen Beitrag über die Ausstellung "Der chinesische Lustgarten" über erotische Kunst aus China im Museum für Asiatische Kunst, Berlin

Während solche Leporellos vor Einzelheiten fast überborden, kultiviert die Tusche-Malerei im chinesischen Stil (kanga) den Gegensatz von Leere und vereinzelten Motiven; sie werden häufig nur mit wenigen Strichen skizziert. So im Fächerbild «Landschaft mit zwei Personen» von Kenkô Shôkei aus dem späten 15. Jahrhundert: Rechts dominiert das Bild ein Felsen, aus dem ein zerzauster Baum wächst – in dieser monumentalen Natur-Ansicht verschwinden fast die beiden Gestalten auf der Brücke.

 

Eine spezielle Spielart der Tusche-Malerei sind zen-buddhistische Figuren-Darstellungen: Oft werden sie auf das Knappste reduziert. Wenige Umrisse und Akzente genügen, um Silhouette und Profil eines Heiligen oder Gelehrten entstehen zu lassen. Diese Tradition verband sich im 18. Jahrhundert mit westlichen Einflüssen: Als 1720 das Import-Verbot für ausländische Bücher gelockert wurde, sahen japanische Künstler erstmals Perspektiv-Darstellungen.

 

Zarte Lavierungen erzeugen Volumen

 

Nun erzeugten sie mit Binnen-Schattierungen ebenfalls die Illusion eines dreidimensionalen Raumes. Ein hervorragendes Beispiel ist das «Porträt eines Samurai», das Tsubaki Chinzan Mitte des 19. Jahrhunderts schuf: Ihm genügen zarte Lavierungen, um den Gewand-Falten Volumen zu geben. Dennoch bleibt das Bild mit starker Betonung von Umriss-Linien der herkömmlichen Nihonga-Malerei verhaftet.

 

So bietet der Rundgang einen Schnelldurchlauf durch ein halbes Jahrtausend japanischer Kunst. Anhand von makellosen Meisterwerken – rascher und schöner kann man die Entwicklung dieser einzigartigen Malerei nicht kennen lernen.