Köln

1912 – Mission Moderne: Die Jahrhundertschau des Sonderbundes

Vincent van Gogh, Selbstbildnis (Detail), 1887, Öl auf Karton; The Art Institute of Chicago. Foto: Foto: © Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud 2012
Wie man eine neue Kunst-Epoche inszeniert: Die legendäre Sonderbund-Schau 1912 in Köln setzte die Moderne in Deutschland mit einem Paukenschlag durch. Zum 100. Jahrestag zeigt das Wallraf-Richartz-Museum ihre spektakuläre Rekonstruktion.

Ausstellungs-Betrieb ist big business: Kühne Konzepte werden mit Hunderten von Exponaten unterfüttert. In teuren Schau-Architekturen, deren High-Tech-Ausstattung das Publikum mit Infotainment unterhält; für Bildungsbeflissene gibt es kiloschwere Kataloge. Um die Kosten einzuspielen, sollen aufwändige Reklame-Kampagnen landesweit Kultur-Touristen anlocken.

 

Info

1912 – Mission Moderne:
Die Jahrhundertschau des Sonderbundes

 

31.08.2012 - 30.12.2012
täglich außer montags 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr im Wallraf-Richartz-Museum, Obenmarspforten (am Rathaus), Köln

 

Katalog 29,90 €

 

Weitere Informationen

Derartige Mammut-Spektakel haben einen historischen Vorläufer: die «Internationale Kunstausstellung des Sonderbundes zu Cöln 1912». Es war die vierte und letzte Ausstellung einer Künstler-Vereinigung, die sich 1908 in Düsseldorf mit dem Ziel gegründet hatte, «Probleme der gegenwärtigen Kunst verständlich zu machen».

 

Umzug von Düsseldorf nach Köln

 

Da der Sonderbund etliche französische Maler ausstellte, stieß er in Düsseldorf auf Widerstand; deshalb wechselte er 1912 nach Köln. Zu den Organisatoren und Unterstützern zählten Alfred Hagelstange, Direktor des Wallraf-Richartz-Museums; Karl Ernst Osthaus, Gründer des Folkwang-Museums, und der Galerist Alfred Flechtheim; alle drei waren namhafte Fürsprecher moderner Kunst.

Impressionen der Ausstellung


 

Erstmals Katalog + Erfrischungen angeboten

 

Die Sonderbund-Macher erfanden vieles, was den Museums-Betrieb bis in die Gegenwart prägt. Ein gut vernetztes Kuratoren-Team beschaffte Spitzen-Werke und sorgte für Aufsehen in Kunst-Kreisen. Als zeitweilige Schau-Architektur kaufte man eine Halle der Brüsseler Welt-Ausstellung von 1910 und baute sie in Köln auf. Erstmals gab es einen Katalog und Erfrischungs-Räume, die Vorläufer heutiger Museums-Cafés.

 

Dabei verfolgte die Sonderbund-Jury ein klares Konzept: Sie wollte umstrittene Avantgardisten aufwerten, indem sie umrahmt von anerkannten Vorbildern der älteren Künstler-Generation vorgestellt wurden. Die Salon-Ausstellungen des 19. Jahrhunderts hatten Bilder kunterbunt zusammengewürfelt; nun sollten Inspirations-Quellen und Entwicklungs-Linien aufgezeigt werden. In einreihiger Hängung an weißen Wänden: die white cube-Ästhetik war geboren.

 

Stadtweite Werbung für Groß-Ereignis

 

Und die Kunst-Ausstellung als Groß-Ereignis: Fahnen, Transparente und Plakate warben dafür in der ganzen Stadt. Den Besuchern wurden mehr als 650 Arbeiten von 170 Künstlern in 25 Sälen präsentiert. Fünf davon allein für Gemälde und Zeichnungen von Van Gogh: Er war mit sagenhaften 125 Werken vertreten.

 

Je ein Saal war Cézanne (26 Bilder), Gauguin (25), Picasso (16), Edvard Munch (32) und den Neo-Impressionisten Cross und Signac gewidmet: So konstruierte der Sonderbund einen Kanon der klassischen Moderne. Die übrigen mehr als 160 Künstler wurden, wie früher üblich, nach Ländern gruppiert.

 

Museum zeigt ein Fünftel aller Werke der Original-Schau

 

Ihre Werke sind heute in der ganzen Welt verstreut. Doch rund ein Fünftel von 120 Künstlern hat Kuratorin Barbara Schaefer aufgetrieben: Sämtliche Gemälde und Skulpturen der Revival-Ausstellung waren bereits vor hundert Jahren in Köln zu sehen. Alle sonstigen Arbeiten von damals sind, soweit erhalten, im – natürlich kiloschweren – Katalog dokumentiert und abgebildet: eine beeindruckende Total-Rekonstruktion.