Weder von Nazis noch SED geschätzt
Etwa manche der Aufträge, die ihm seine Bekannte Maria von Haugk vermittelt: Jahrelang lebt er davon, die Konterfeis sächsischer Adliger naturalistisch abzupinseln. 1933 porträtiert er gar auf eigene Initiative den nationalkonservativen Dichter Börries von Münchhausen als Domherrn mit Ritter-Rüstung, aber der erhoffte Nachfrage-Schub bleibt aus. Die NS-Machthaber betrachten Felixmüllers Werk als «Entartete Kunst» und diffamieren ihn in den gleichnamigen Propaganda-Schauen.
An seiner Außenseiter-Position ändert sich nach dem Zweiten Weltkrieg wenig. Anfangs erhält er wegen seiner KP-nahen Bilder aus den 1920er Jahren Posten in staatsnahen Künstler-Organisationen. Doch bei SED-Kulturfunktionären fallen seine melancholischen Landschaften und Familien-Idyllen unter Formalismus-Verdacht. Für den Sozialistischen Realismus sind selbst seine Arbeiter-Bilder wie «Der Maschinist» oder das Triptychon «Im Kohlenwerk» (beide 1951) nicht heroisch-optimistisch genug.
Leben + Lavieren in fünf Systemen
Malerei wird für Felixmüller immer mehr zum Privatvergnügen: An seinem Wohnort Tautenhain in Thüringen schmückt er die Dorfkirche 1952 mit einem religiösen Ölgemälde-Zyklus aus – ein in der frühen DDR wohl einmaliger Vorgang. Zumindest ist er seine Geldsorgen los: Bis 1962 lehrt er als Professor Zeichnen an der Universität Halle-Wittenberg. 1967 siedelt er nach West-Berlin über, wo er zehn Jahre später stirbt.
Info
Lesen Sie hier eine Rezension der Ausstellung "geteilt | ungeteilt: Kunst in Deutschland 1945 bis 2010" im Albertinum, Dresden
und hier einen Beitrag zur Ausstellung "1912 - Mission Moderne" über die berühmte Sonderbund- Schau im Wallraf-Richartz-Museum, Köln
und hier eine Besprechung der Ausstellung “Der Sturm: Zentrum der Avantgarde” über Herwarth Walden + den Expressionismus im Von der Heydt-Museum, Wuppertal
und hier eine Besprechung der Ausstellung "Helmut Kolle: Ein Deutscher in Paris" über den früh verstorbenen "deutschen Picasso" im Museum Gunzenhauser, Chemnitz.
Besser chronologisch hängen
Nun also in Chemnitz: Die Schau ist keine Rehabilitation; dafür ist Felixmüllers Beitrag zum Expressionismus zu geläufig. Sie glänzt mit hervorragenden Beispielen, die alle Facetten seines Frühwerks vorführen – und macht zugleich deutlich, warum seine Arbeiten ab den 1930ern Jahren wenig Aufmerksamkeit fanden. Ihr Realismus wirkt bei aller Raffinesse oft statisch und leblos; ihm eignet eine gewisse dekorative Glätte.
Allerdings sind die fast 200 Exponate zu Themen wie «Menschen», «Orte», «Arbeitswelten» etc. mit motivisch ähnlichen Arbeiten aus mehreren Jahrzehnten gruppiert. Das überzeugt mal mehr, mal weniger; bei einem Künstler mit so unterschiedlichen Werk-Phasen scheint eine chronologische Hängung eher angemessen.
Ebenso eine ausführlichere Dokumentation: Die Einführungen zu jeder Abteilung sind sehr knapp geraten. Damit löst die Ausstellung ihren Anspruch, Felixmüllers Werk-Entwicklung in die wechselhaften Zeitläufe einzubetten, nur ansatzweise ein; das leistet erst der vorzügliche Katalog.