Nicole Holofcener

Genug gesagt

Albert (James Gandolfini) und Eva (Julia Louis-Dreyfus) kommen sich näher. Foto: © 2013 Twentieth Century Fox
(Kinostart: 19.12.) Wem sollte eine Frau mehr Gehör schenken: der neuen besten Freundin oder dem neuen Lover? In ihrer geistreichen Sittenkomödie erkundet Regisseurin und Drehbuchautorin Nicole Holofcener das vertrackte Wesen der Dreiecksbeziehung.

Kurz nach Ende der Dreharbeiten starb der Hauptdarsteller dieses Films an einem Herzinfarkt: James Gandolfini war erst 51 Jahre alt. Sein tragischer Tod ist ein zusätzlicher Grund, sich seinen letzten Film anzusehen. In der so geistreichen wie warmherzigen Beziehungskomödie von Nicole Holofcener gibt Gandolfini einen groben Klotz mit zarter Seele so überzeugend, dass man keinen Augenblick an den Mafia-Boss der TV-Serie „The Sopranos“ erinnert wird.

 

Info

 

Genug gesagt

 

Regie: Nicole Holofcener

93 Min., USA 2013

mit: Catherine Keener, Julia Louis-Dreyfus, James Gandolfini

 

Website zum Film

 

Gandolfini ist übrigens der einzige Mann im Film, der neben großartigen Darstellerinnen eine größere Rolle spielt. Die eigentliche Hauptfigur des Films ist Eva (Julia Louis-Dreyfus): Die geschiedene Frau lebt seit zehn Jahren allein, arbeitet als therapeutische Masseurin und hat eine mittlerweile erwachsene Tochter, die bald ans College weggehen wird.

 

Herz auf dem rechten Fleck

 

Auf einer Party lernt sie den ebenfalls geschiedenen Albert (Gandolfini) kennen: Der ist zwar kein Adonis und auch als Hausmann nicht perfekt, bringt aber Eva zum Lachen und hat das Herz auf dem rechten Fleck. Beide kommen sich näher. Doch als bei Eva Glücksgefühle aufkommen, passiert etwas.


Offizieller Filmtrailer


 

Dreiecksbeziehung als running gag

 

Sie erfährt zufällig, dass Albert der Ex-Mann ihrer neuen Patientin Marianne ist, mit der sie sich vor kurzem angefreundet hat. Marianne liebt es, vor ihrer neuen Freundin über ihren Ex-Mann zu lästern. Es bleibt nicht aus, dass Eva ihren neuen Freund mit anderen Augen sieht.

 

Was da abläuft, ist gewissermaßen eine Dreiecksbeziehung; im Film wird sie zu einem geschickt platzierten running gag. Mehrfach spielt Eva auf einen „Dreier“ an, wenn sie darüber sinniert, wie es die Jugend wohl so treibt. Doch in der primären Bedeutung als Sex zu Dritt spielt die Konstellation keine Rolle.

 

Zweierbeziehungen sind Schimären

 

In Wirklichkeit dreht sich der Film um einen anderen Aspekt der Dreierbeziehung; dabei ist Liebe nicht das eigentliche Thema. Das von Regisseurin Holofcener selbst verfasste Drehbuch variiert auf intelligente, facettenreiche Weise die Beobachtung, dass alle Zweierbeziehungen an sich Schimären sind.

 

Hintergrund

 

Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit

 

Lesen Sie hier eine Besprechung des Films "Not Fade Away"  - Drama über eine Rockband mit James Gandolfini von David Chase

 

und hier einen Beitrag über den Film "Saiten des Lebens"  - feinsinnige Beziehungs-Studie mit Catherine Keener von Yaron Zilberman

 

und hier einen kultiversum-Bericht über den Film "Willkommen bei den Rileys" - Tragikomödie um Patchwork-Familie mit James Gandolfini von Jake Scott.

 

Jede Beziehung zwischen zwei Menschen wird auch geprägt und gefärbt von jenen Menschen, zu denen diese Beiden weitere Beziehungen unterhalten. Das betrifft nicht nur die zart sprießende Liebe der zuvor Beziehungsgeschädigten Eva und Albert.

 

Lebensnah pointierte Dialoge

 

Auch andere Dreiecks-Konstellationen springen ins Auge: Evas Verhältnis zu ihrer Tochter und deren bester Freundin, oder deren ambivalente Beziehungen zu ihren getrennten Eltern. Oder Evas Beziehung zu ihrem Ex und dessen sympathischer neuer Frau, und so weiter.

 

Abgesehen von diesem klug konstruierten Beziehungs-Geflecht atmet Holofceners Film viel echtes Leben: Allesamt hochattraktive Schauspieler sehen aus wie ganz normale Menschen. Ihre pointierten und witzigen Dialoge wirken zugleich so natürlich, als habe Holofcener sie einfach dem Leben abgelauscht – sei es verkrampfter party smalltalk oder das routiniert genervte Geplänkel eines getrennten Paares in großer Runde.

 

Obwohl alles im Film dem echten Leben täuschend ähnlich sieht, ist er doch durchdrungen von jener großen kalifornischen Leichtigkeit, die beim Zusehen glücklich macht.