Colin Firth

Kingsman: The Secret Service

Auf dem Weg zum nächsten Einsatz: Harry Hart (Colin Firth). Foto: 20th Century Fox
(Kinostart: 12.3.) James Bond für die Generation Egoshooter: Ein privater Geheimdienst rettet very british die Welt. Seine amüsante Agentenfilm-Parodie vermengt Regisseur Matthew Vaughn mit oberflächlicher Gesellschaftskritik: eine zynische Mixtur.

„Brad Pitt hat mein Sandwich gegessen!“: Aufmacher einschlägiger Boulevard-Blätter pflastern die holzvertäfelten Wände im altenglischen Büro von Harry Hart (Colin Firth). Seit Jahren sammelt der smarte gentleman die Schlagzeilen, die am Tag nach seinen Einsätzen auf den Titelblättern landen. Steht solches celebrity-Geplänkel auf der ersten Seite, hat Mr. Hart alles richtig gemacht: Er ist Mitarbeiter eines privaten Geheimdienstes, der verdeckt gegen Terror und Gewalt hart durchgreift und somit ein ums andere Mal die Welt rettet.

 

Info

 

Kingsman: The Secret Service

 

Regie: Matthew Vaughn,

129 Min., Großbritannien 2014;

mit: Colin Firth, Michael Caine, Samuel L. Jackson

 

Website zum Film

 

Dabei nehmen es die Kingsmen waffentechnisch locker mit dem MI6 auf. Außerdem achten die elitären Briten stets auf Etikette, Ehrencodex und Höflichkeit; gemordet wird im Maßanzug und in handgenähten Budapester-Schuhen. Gegen Harry Hart und seinen Chef Arthur (Michael Caine) wirkt James Bond geradezu wie ein Rüpel.

 

Zynisch übers Ziel hinausschießen

 

Die Comic-Verfilmung „Kingsman – The Secret Service“ kommt als ästhetisch durchgestylte Genre-Parodie daher, die sich lustvoll durch die Filmgeschichte zitiert und klaut. Ein Film mit viel Humor und frechen Ideen, der allerdings mit exzessiven Gewaltdarstellungen und halbherziger Gesellschaftskritik zynisch über das Ziel hinausschießt.


Offizieller Filmtrailer


 

Perfide Software soll Erde säubern

 

Ein Einsatz im Nahen Osten endet für Harry Hart traumatisch: Unter seinem Kommando kommt einer seiner Schützlinge um. 17 Jahre später trifft Hart auf Eggsy (Taron Egerton), den kleinkriminellen Sohn des damals Verstorbenen. Um seine Schuld wieder gut zu machen, beschließt Hart, dem jungen Mann eine Chance zu geben: Er verschafft ihm einen der begehrten Plätze als Kingsman-Rekrut.

 

Sechs junge Leute durchlaufen von nun an ein bootcamp, in dem jeder Fehler tödlich sein kann. Der Junge aus der Gosse muss sich gegen high society-Jugendliche behaupten und in einer völlig neuen Welt zurecht finden. Kann aus dem raubeinigen Eggsy je ein gentleman werden? Die Zeit drängt, denn der verrückte Millionär Valentine (Samuel L. Jackson) plant, mit einer perfiden Software die Erde von lebensunwerten Subjekten zu säubern.

 

Von James Bond zu Quentin Tarantino

 

Nachdem ein Maulwurf in den eigenen Reihen enttarnt wurde, können nur noch Eggsy, Hart und sein treuer Assistent Merlin (Mark Strong) verhindern, dass Valentine den „Pöbel“ der Welt durch manipulierte SIM-Karten vernichtet. Natürlich hat der ehrgeizige Junge mit dem Herzen auf dem rechten Fleck in seiner harten Kindheit einige wertvolle Überlebens-Tricks gelernt; er ist auch ein waschechter Held. Am Ende wird Eggsy zum geradezu snobistischen Kingsman, der durch Fleiß und Mut in die upper class aufgestiegen ist.

 

Was wie ein James-Bond-Film beginnt, sieht bald wie ein sequel von „Die Tribute von Panem“ aus, um dann als Quentin-Tarantino-Verschnitt zu enden. Da findet man Bezüge zu allen einschlägigen Agenten- und action-Filmen, die in den letzten Jahren ins Kino kamen.

 

Helden als Kenner des action-Kinos

 

Charmanterweise versucht Regisseur Matthew Vaughn gar nicht erst, solche Anleihen zu vertuschen. Im Gegenteil: Die Protagonisten selbst erwähnen derartige Filme, zitieren ihre Helden und fachsimpeln, welcher Film ihren Vorgehensweisen und Konflikten wohl am besten entsprechen würde.

 

Hintergrund

 

Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.

 

Lesen Sie hier eine Besprechung des Films “Citizenfour” – beeindruckende Doku von Laura Poitras über Abhörskandal-Enthüller Edward Snowden, Dokumentarfilm-Oscar 2015

 

und hier einen Beitrag über den Film “A Most Wanted Man” – nüchterner Thriller über Geheimdienst-Überwachung von Anton Corbijn mit Philip Seymour Hoffman in seiner letzten Rolle

 

und hier einen Bericht über den Film Dame, König, As, Spion – brillante Verfilmung des Bestsellers von John Le Carré durch Tomas Alfredson mit Colin Firth.

 

Solange der Film auf dieser Meta-Ebene des Zitate-Kinos bleibt, funktioniert er humorvoll und für seine junge Zielgruppe äußerst unterhaltsam. Stunt– und action-Szenen sind hochprofessionell und mit hohem Schauwert inszeniert: eine rasant geschnittene Mischung aus Hochglanz-popcorn-Kino, MTV-Videoclip und egoshooter-Computerspiel.

 

Probleme als coole Kulisse

 

Dabei thematisiert Vaughn aktuelle und durchaus ernste Probleme, die dem Film immer wieder einen realistischen Ton verleihen. Einen Jungen von der Straße konfrontiert er mit der Welt der posh Kingsmen; der Millionär Valentine will das Proletariat auslöschen und nur die Reichen und Berühmten verschonen, um die knappen Ressourcen der Erde nicht zu verschwenden.

 

Hier liegt das Problem des Films: Die angesprochenen Probleme verkommen zur reinen Kulisse, um noch ein paar coole Sprüche abzusondern oder eine weitere raffinierte Tötungsart effektvoll in Szene zu setzen. Zimperlich darf der Zuschauer ohnehin nicht sein, denn die Kollateralschäden in „Kingsman – The Secret Service“ sind hoch und äußerst blutig.

 

Unbekömmliche Mixtur

 

Kindesmisshandlung, Gewalt in Familien, Jugendkriminalität: All diese Themen werden in Handlungs-Strängen kurz angeschnitten und dann wieder fallengelassen. Das mutet zynisch und arrogant, gar menschenverachtend an: Die Vermischung von Agentenfilm-Parodie und Gesellschaftskritik scheitert damit haarsträubend.