Große Ereignisse werfen ihre Ausstellungen voraus: 2017 wird es 500 Jahre her sein, dass Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg nagelte – der Beginn der Reformation. Im Vorfeld des Jubiläums sind mehrere „Themenjahre“ angesetzt, derzeit zu „Bild und Botschaft“. 1515 kam mit Lucas Cranach d. J. einer der bedeutendsten Künstler dieser Epoche zu Welt: willkommener Anlass für ein vielerorts begangenes „Cranach-Jahr“.
Info
Bild und Botschaft - Cranach im Dienst von Hof und Reformation
29.03.2015 - 19.07.2015
täglich 10 bis 17 Uhr
im Herzoglichen Museum, Parkallee 15, Gotha
Katalog 24,95 €,
Magazin 9,80 €
21.08.2015 - 29.11.2015
täglich außer montags
10 bis 17 Uhr
mittwochs bis 20 Uhr
im Museum Schloss Wilhelmshöhe, Kassel
Bild und Botschaft - Cranach in Weimar
03.04.2015 - 28.06.2015
täglich außer montags
9.30 bis 18 Uhr
im Schiller-Museum, Schillerstr. 12, Weimar
Katalog 23 €
5000 Gemälde in acht Jahrzehnten
Die Produktivität der Cranach-Werkstatt war sagenhaft. In acht Jahrzehnten soll sie rund 5000 Gemälde hergestellt haben, von denen noch mehr als 1000 nachweisbar sind. Dazu kommen Abertausende von Holzschnitten, Kupferstichen u. v. m. Die Cranachs waren für den sächsischen Hof quasi allround-Ausstatter; sie entwarfen ebenso Architektur-Elemente, Wanddekorationen, Wappen, Turnier-Decken und Hofkleidung. Dafür erhielt Cranach d. Ä. ein Spitzengehalt von 100 Gulden im Jahr – vergleichbar mit der Besoldung hoher Minister.
Ähnlich wie Dürer war auch Cranach ein hervorragender Geschäftsmann, der sein Geld gut anlegte: Er besaß mehrere Häuser und Grundbesitz, betrieb eine Apotheke, war Verleger, Papierhändler und Teilhaber einer Druckerei. Beide Cranachs wurden zudem langjährige Ratsmitglieder und Bürgermeister in Wittenberg.
Impressionen der Ausstellung im Herzoglichen Museum Gotha
Baukasten-Prinzip für Serien-Herstellung
Dieser Erfolg gründete auf ihrer straff organisierten Werkstatt; ihre zahlreichen Gesellen und Lehrlinge waren strenger Disziplin unterworfen. Sie arbeiteten nach einer Art Baukasten-Prinzip: Für sakrale Kunst gab es kleinformatige Muster-Zeichnungen, die zu verschiedenen Kompositionen zusammengesetzt wurden. Für Porträts – etwa von Fürsten oder Reformatoren – verwendete man Vorlagen, deren Bart- und Haarfarbe je nach Alter angepasst wurden.
Solche Massenproduktion erschwert die Zuschreibung, welches Bild von wem stammt – welchen Anteil Vater, Sohn und ihre etlichen Gehilfen daran hatten. Sie erklärt aber, warum Erzeugnisse der Wittenberger Werkstatt enorme Verbreitung fanden und Wirkung entfalteten. Die visuelle Vorstellung, die sich Millionen von Protestanten weltweit von den Begründern ihrer Glaubensrichtung machen, stammt meist aus dem Hause Cranach.
Papst als Werkzeug des Teufels
Das steht im Zentrum der Gothaer Ausstellung im Herzoglichen Museum: Die Rotunde in der Saalmitte ist „Propaganda“ gewidmet. Der tief gläubige Kurfürst Friedrich der Weise (1463-1525) unterstützte den Mönch Martin Luther, der gegen Kaiser und Papst aufbegehrte; nach Luthers Ächtung auf dem Reichstag zu Worms 1521 ließ er ihn auf der Wartburg unterbringen. Friedrichs Hofmaler bebilderte die Staatsaffäre: mit perfiden Grafiken, auf denen der Papst zum Gehilfen des Teufels wird oder grässliche Monster die Papstkrone tragen.
Zugleich porträtierte er seinen Freund Luther in allen Lebenslagen: als asketischen Mönch, mit Doktorhut, unter seiner Tarnidentität „Junker Jörg“ auf der Wartburg, als treuen Gatten seiner Frau Katharina von Bora oder als gelehrten Prediger. Wie auch Philipp Melanchthon und weitere Reformatoren: Oft auf einem Blatt mit den sächsischen Kurfürsten, Philipp von Hessen und anderen Landesherren. Die Botschaft war klar: Die protestantischen Fürsten, die 1531 den Schmalkaldischen Bund geschlossen hatten, schützen den wahren Glauben.
Bilder-Botschaften für 90 Prozent Analphabeten
Dessen Inhalte sollten einem Volk vermittelt werden, das zu 90 Prozent analphabetisch war. Dafür entwickelte Cranach d. Ä. den Gemälde-Typ „Gesetz und Gnade“, der als „einzige Lutherische Neuschöpfung in der Bildenden Kunst“ gilt: Links ist das Alte Testament mit Sündenfall und den zehn Geboten zu sehen, rechts das Neue Testament mit Kreuzigung und Auferstehung Christi; dorthin wendet sich ein nackter Mensch. Ganz im Sinne der protestantischen Maxime sola gratia: Nur der Glaube an Gottes Gnade weist den Weg zur Erlösung.