Geld hat kein Geschlecht: Ob sie es Männern oder Frauen abknöpft, ist Noëli (Yanet Mojica) gleichgültig. Die 22-Jährige lebt davon, an den Stränden der Dominikanischen Republik weiße Urlauber auszunehmen. Wenn ihr ein alter Franzose seine Halskette als Andenken überlässt, dann tauscht ihr Freund Yeremi (Ricardo Ariel Toribio) den Schmuck sofort beim Krämer gegen Bares ein: Auch er lebt von diesen Einnahmen.
Info
Sand Dollars –
Dólares de Arena
Regie: Laura Amelia Guzmán + Israel Cárdenas,
84 Min., Dominikanische Republik/ Mexiko 2014;
mit: Geraldine Chaplin, Yanet Mojica, Ricardo Ariel Toribio
1000 Gründe für mehr Geld
Genauso diskret bleibt die Kamera: Lesbische Liebesszenen kommen im dritten Spielfilm des dominikanischen Regie-Ehepaars Laura Amelia Guzmán und Israel Cárdenas nicht vor. Dafür etliche Standard-Situationen, die Sex-Touristen in der Dritten Welt zur Genüge kennen: Anne erwartet Liebesbeweise, Noëli verlangt mehr Pesos – für Klamotten, ein neues Mobiltelefon, oder weil ihr „Bruder“ angeblich einen Unfall hatte. Die Anlässe sind wohlfeil und letztlich auch egal.
Offizieller Filmtrailer OmU
Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles
Anne ist so eifersüchtig auf Noëli wie diese auf ihren Freund: Fremdgehen ist eine Frage des Preises. Die sugarmommy verspricht ihrer farbigen Geliebten, sie nach Frankreich mitzunehmen; diese zweifelt daran – und Yeremi drängt sie, auszuwandern und ihm von dort Geld zu schicken. Alle verheimlichen etwas, alle wollen einander ausforschen. Alle wissen, dass es nur um Finanzielles geht, und alle überspielen das mehr oder weniger ungeschickt.
Dazu kommen eine ungewollte Schwangerschaft, zynisch erfahrene Hotelgäste und ein alter Bekannter von Anne, der sie an vor 20 Jahren gemeinsam vernaschte beach boys erinnert: Fertig ist die tristesse royale tropicale. Dennoch gäbe diese Konstellation genug Stoff für dramatische Konflikte her – schließlich geht es um existentielle Bedürfnisse und Leidenschaften.
Liebe als chronische Krankheit zum Tode
Hintergrund
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.
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und hier einen Bericht über den Film "Mord in Pacot – Meurtre à Pacot" über die Mesalliance zwischen Entwicklungshelfer + Haitianerin von Raoul Peck
und hier einen Beitrag über den Film “Und wenn wir alle zusammenziehen?” - charmante Komödie über eine Rentner-WG von Stéphane Robelin mit Geraldine Chaplin.
Dennoch klebt die Kamera geradezu an den Gesichtern, als müsse sie jede Nuance ihrer nicht vorhandenen Regungen aufsaugen, während an Banalität kaum zu überbietende Dialoge aufgesagt werden. Dabei ziehen die Schauplätze so gleichförmig vorüber wie die apathischen Akteure: Dorfstraße, Strand, Abschlepp-disco, Schlafzimmer und wieder von vorn. Selbst ein Motorrad-Raubüberfall geschieht so beiläufig wie das Öffnen einer cola-Dose.
Bitte Komfortzone verlassen
Wenn die Regisseure Guzmán und Cárdenas die abgeschmackte Atmosphäre von ennui und Weltekel unter long term expats mit einheimischen Gespielen in der Dritten Welt einfangen wollten, ist ihnen das zweifellos gelungen. Doch solcher Überdruss wendet sich rasch gegen den Film: So fad und perspektivlos ist das Leben nur, wenn man in der Komfortzone eines all inclusive hotel verharrt.