Assad Fouladkar

Liebe Halal

Liebe geht durch den Magen: Salim (Ali Sammoury) mit Erstfrau Awatef (Mirna Moukarzel, li.) und Zweitfrau Bardot (Fadia Abi Chahine). Foto: © Neue Visionen Filmverleih
(Kinostart: 7.7.) "Verbotene Liebe" im Libanon: Regisseur Assad Fouladkar führt drei Grenzfälle des islamischen Eherechts vor – als Episoden wie aus TV-Vorabendserien samt schlechten Schauspielern in Standard-Situationen mit -Dialogen und -Witzen.

Das Wort „Halal“ oder „Helal“ ziert die Firmenschilder etlicher Metzgereien: Es signalisiert Moslems, dass hier Fleisch von Tieren verkauft wird, die gemäß religiöser Vorschriften mittels Schächten geschlachtet wurden. Halal bedeutet aber im Islam viel mehr als koscheres Frischfleisch: Es ist eine der fünf Kategorien für menschliches Handeln und bezeichnet alles, was erlaubt ist.

 

Info

 

Liebe Halal

 

Regie: Assad Fouladkar,

95 Min., Libanon/ Deutschland 2015;

mit: Darine Hamze, Rodrigue Sleiman, Mirna Moukarzel

 

Website zum Film

 

Laut Verleih-Werbung hat der libanesische Regisseur Assad Fouladkar „die erste Beziehungskomödie aus Beirut“ gedreht. Er selbst spricht von „Geschichten, die hinter den Vorhängen der islamischen Gesellschaft, hinter dem Schleier spielen“. Wer nun pikante Details aus dem Liebesleben in der Levante erwartet, wird enttäuscht: In drei parallel ablaufenden Episoden geht es um Geschlechterverhältnisse unter den Bedingungen komplizierter religiöser Regeln.

 

Zulässige, aber anrüchige Ehe auf Zeit

 

Die füllige Awatef (Mirna Moukarzel) fühlt sich vom Liebeshunger ihres ebenso korpulenten Ehemanns Salim (Ali Sammoury) überfordert. Um sich zu entlasten, überredet sie ihn, die etwas altjüngferliche Bardot als Zweitfrau zu nehmen. Dagegen ist die Schneiderin Loubna (Darine Hamze) frisch geschieden und will sich endlich ihren Jugendschwarm Abou Ahmad (Rodrigue Sleiman) angeln. Der verheiratete Gemüsehändler ist aber nur zu einer Affäre oder Ehe auf Zeit mit ihr bereit – letzteres ist eine unter Schiiten zulässige Praxis, die als leicht anrüchig gilt.

Offizieller Filmtrailer


 

Neun Jahre lang ägyptische sitcom-Serie

 

Batoul hat mit ihrem Mokhtar ganz andere Probleme: Ihr rasend eifersüchtiger Gatte hat zum dritten Mal die Scheidung ausgesprochen. Das ließe sich nur rückgängig machen, wenn Batoul zuvor mit einem anderen Mann Hochzeit feiert, die Ehe vollzieht und sich von ihm scheiden lässt, um dann wieder Mokhtar zu heiraten. Den lässt schon der Gedanke, ein fremder Mann könnte sein Weib berühren, vor Wut kochen.

 

Diese drei Spezialfälle des islamischen Eherechts werden in soap opera-Manier wortreich ausgemalt. Kein Wunder: Seit neun Jahren arbeitet Regisseur Fouladkar für die ägyptische sitcom-Serie „Ein Mann und sechs Frauen“. Ähnliche Standard-Situationen, -Dialoge und -Witze füllen auch Fouladkars zweiten Spielfilm: „Liebe Halal“ wirkt wie ein Mix von outtakes, die wegen schlüpfriger Themen nicht ins Fernseh-Vorabendprogramm kamen.

 

Brautwerbung mit Potenzgeprotze

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Remake, Remix, Rip-Off" - großartige Doku über Yeşilçam-"Kopierkultur und das türkische Pop-Kino" von Cem Kaya

 

und hier eine Besprechung des Films "Much Loved" - Gruppen-Porträt von drei Prostituierten in Marokko von Nabil Ayouch

 

und hier einen Beitrag über den Film "Wer weiß, wohin?" - fantasievolle Tragikomödie über Frauenpower im Libanon von Nadine Labaki

 

und hier einen Bericht über den Film "Im Bazar der Geschlechter" – prägnante Doku über Ehe auf Zeit + Prostitution im Iran von Subadeh Mortezai.

 

So ist diese Mischung aus Bauernschwank, Schmonzette und jugendfreien Zoten am ehesten aus ethnologischer Sicht interessant. Wenn etwa Awatef bei Bardots Familie vorspricht, damit deren Eltern einer Zweitehe mit Salim zustimmen, verspricht sie der künftigen Zweitfrau, sie werde am „Nunu“ ihres Gemahls noch viel Freude haben – und die versammelte Damenrunde schüttet sich aus vor Lachen. Merke: Zur Brautwerbung empfiehlt sich auch Potenzgeprotze.

 

Küchenzauber sowieso: Von Rezepten, Zutaten und Zubereitung ist hier so oft die Rede wie sonst nur in Koch-shows. Awatef und Bardot wetteifern am Herd um Salims Gunst; auch Loubna bezirzt ihren Augenstern Abou Ahmad mit üppigen Mahlzeiten. Nur Batoul und Mokhtar haben keine Zeit für Schlemmereien, weil sie ständig streiten wie die Kesselflicker.

 

Original-Version im Satelliten-TV

 

Was für dramatische Szenen sorgen könnte, wären nicht sämtliche Schauspieler zweit- bis drittklassig. Die Damen adrett geschminkt und frisch frisiert, die Herren dauergrinsend oder pathetisch polternd, sagen alle ihre Sätze wie im Schultheater auf. Mit ebenso wenig Kulissenwechseln: Offenbar gab das schmale Budget nur ein paar establishing shots im Außenraum her.

 

All das läuft so vorhersehbar ab, dass dieses ensemble aus orientalischen Paschas und liebestollen Weibchen dem hiesigen Publikum schwer vermittelbar sein dürfte. Zumal derjenige Teil, der diese Geschlechterrollen kennt und sich über ihre milde Karikatur amüsieren kann, wohl lieber die Original-Seifenopern auf Arabisch oder Türkisch im heimischen Satelliten-TV ansieht. Wen soll das hierzulande ins Kino locken?