Hilary Swank + Helena B. Carter

Eleanor & Colette

Freundinnen: Eleanor (Helena Bonham Carter) und Colette (Hilary Swank). Foto: Copyright Bernd Spauke 2017. Fotoquelle: Warner Bros. Pictures Germany
(Kinostart: 3.5.) Die Schizophrene und ihre Anwältin: Helena Bonham Carter und Hilary Swank kämpfen in einem Psychiatriedrama von Regisseur Bille August um Patientenrechte - ein allzu konventionelles Drehbuch lässt sie dabei im Stich.

Ein gewichtiges Thema, ein Oscar-prämierter Regisseur, mit Helena Bonham Carter und Hilary Swank zwei sehr profilierte Schauspielerinnen: Eigentlich könnte man von dem Gerichts- und Freundschaftsdrama des dänischen Filmemachers Bille August („Das Geisterhaus“, 1993) einen todsicheren Hit erwarten. Dass aus dem Kampf zweier höchst unterschiedlicher Frauen für die Rechte von Psychiatriepatienten trotzdem kein großes Kino wird, liegt vor allem am wenig inspirierten und ausgesprochen vorhersehbaren Drehbuch.

 

Info

 

Eleanor & Colette

 

Regie: Bille August,

115 Min., Belgien/ Deutschland 2017;

mit: Helena Bonham Carter, Hilary Swank, Johan Heldenbergh

 

Website zum Film

 

Zu Beginn verdeutlicht der Film, der auf wahren Vorfällen beruht, sein Thema auf drastische Weise: Gegen ihren Willen und mit einiger Gewalt wird die an paranoider Schizophrenie leidende Eleanor Riese (Helena Bonham Carter) von grimmig dreinschauenden Pflegekräften einer psychiatrischen Abteilung in die Isolationszelle befördert und dort sediert. Sie bleibt allein zurück, hat Krämpfe und besudelt sich schließlich selbst, da auf ihre nächtlichen Rufe niemand reagiert, um sie zur Toilette zu bringen. Am nächsten Morgen engagiert sie noch vom Flurtelefon der Abteilung aus eine Anwältin, um das Krankenhaus zu verklagen.

 

Klage gegen Zwangsmedikamentierung

 

Als ehemalige Krankenschwester ist die Anwältin Colette Hughes (Hilary Swank) leidenschaftlich daran interessiert, mit dem Fall Riese die Lage von rund 150.000 Insassen in US-Psychiatrien zu verbessern. Durch eine Klage mit dem Ziel, Zwangsmedikamentierung verbieten zu lassen, will sie ihnen das Recht auf körperliche Unversehrtheit zurückgeben.

Offizieller Filmtrailer


 

Recht auf Mitbestimmung

 

Tatsächlich hat der geschilderte Fall in den USA Rechtsgeschichte geschrieben. Gemeinsam mit Hughes‘ Mentor, dem Verfassungsrechtler Morton Cohen, setzten sich die beiden Frauen gegen eine übermächtig erscheinende Lobby aus Ärzten und Pharmaherstellern durch. 1987 urteilte der Oberste Gerichtshof von Kalifornien, dass auch zwangseingelieferte Patienten über die Anwendung von Antipsychotika informiert werden müssen und ein Recht auf Mitbestimmung haben.

 

Als die Protagonistinnen das erste Mal aufeinander treffen, baut der Film seinen zweiten Erzählstrang auf: Eine tiefe Freundschaft zwischen Anwältin und Patientin entsteht. Insbesondere die Sprunghaftigkeit der fordernden Eleonor, die Helena Bonham Carter bis zum Äußersten ausreizt, macht es der sehr strukturiert und entschlossenen agierenden Colette schwer, strikt nach Plan vorzugehen. Immer wieder konfrontiert Eleanor sie mit ihrer eigenen uneingestandenen Überheblichkeit und führt sie in vieler Hinsicht an Grenzen.

 

Starr chronologisches Erzählen

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Nachtzug nach Lissabon" – Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers durch den Oscar-Preisträger Bille August

 

und hier einen Bericht über den Film "Die Überglücklichen" – originelles Porträt einer Frauenfreundschaft in der Psychiatrie von Paolo Virzì

 

und hier einen Beitrag über den Film „Side Effects“  – spannender Psychiatrie-Thriller mit Jude Law von Steven Soderbergh.

 

Dabei gelingen den beiden Darstellerinnen immer wieder Momente, in denen sie ihren Figuren trotz all der Tragik und Anspannung plötzlich ungewöhnliche Facetten einer ungeahnten Leichtigkeit abringen. Insbesondere in der ersten Hälfte wartet der Film mit einer ganzen Reihe hübscher Einfälle auf: Eleanor sorgt immer wieder für Missverständnisse und Überraschungen.

 

Doch durch die starr chronologische Erzählweise wirkt bald schon jedes neue Detail nur als ein weiterer Schritt auf dem Weg zum absehbaren Ziel. Man wird den Verdacht nicht los, dass jedes Problem nur deshalb auftaucht, um umgehend wieder erledigt zu werden. Als es etwa um das Berufungsverfahren des Falls geht, finden sich zunächst keine Ärzte, die für die Seite der Kläger aussagen wollen. Zwei Telefonate später sind sie dann doch da. Und natürlich wird alles gut.

 

Verschenkte Talente

 

Andere interessante Aspekte reißt der Film hingegen nur knapp an. Über Colettes Beziehung zu ihrem ebenfalls sehr engagierten Freund würde man durchaus gern mehr erfahren, wie über das offenbar nicht ganz unkomplizierte Verhältnis zwischen der Anwältin und ihrem Mentor Morton Cohen (Jeffrey Tambor).

 

So kommt die deutsch-belgische Koproduktion nur selten über das Niveau eines Fernsehfilms hinaus. Dabei verschenkt sie insbesondere die Talente ihrer gut aufgelegten Hauptdarstellerinnen, die einen unkonventionelleren Ansatz verdient gehabt hätten.