Spike Lee

BlacKkKlansman

Ron Stallworth (John David Washington) mit der Studentenführerin Patrice (Laura Harrier). Foto: Universal Pictures International Germany
(Kinostart: 23.8.) Schwarze Haut und weiße Kapuzen: Ein afroamerikanischer Polizist infiltriert in den 70er-Jahren den ultrarassistischen Ku-Klux-Klan. Spike Lee inszeniert einen Film von emotionaler Wucht und politischer Schlichtheit.

Ein Schwarzer als Mitglied des ultrarassistischen Ku-Klux-Klan? Das hört sich nach einer derart absurden Fantasie an, dass sich noch nicht einmal Hollywood trauen würde, sie zu erfinden. Doch die Wirklichkeit schreibt manchmal Geschichten, die man sich nicht ausdenken kann. Auch der jüngste Film von Spike Lee basiert auf so einer Story – zumindest im Ansatz.

 

Info

 

BlacKkKlansman

 

Regie: Spike Lee,

143 Min., USA 2018;

mit: John David Washington, Adam Driver, Topher Grace

 

Website zum Film

 

Denn schaut man sich die Umstände der Ereignisse, auf denen „BlacKkKlansman“ beruht, genauer an, wirken sie deutlich weniger aufsehenerregend, als Spike Lee das Publikum glauben machen möchte. Das hält den notorischen Agitator allerdings nicht davon ab, eine bizarre historische Anekdote zu nutzten, um einem anderen, noch gefährlicheren Gegner ans Bein zu pinkeln: Donald Trump.

 

Laufbursche bei der Polizei

 

Als Schwarzer bei der Polizei zu arbeiten, ist auch heute alles andere als gewöhnlich. Anfang der 70er-Jahre war es noch eine komplette Ausnahme. 1972 wird Ron Stallworth (John David Washington, der Sohn von Denzel Washington) somit die zweifelhafte Ehre zuteil, der erste schwarze Polizist von Colorado Springs im amerikanischen Bundesstaat Nevada zu werden. Auch innerhalb der Polizei herrschen noch tief sitzende Vorurteile: Stallworth wird anfangs zu öder Arbeit im Archiv abgestellt und von seinen Kollegen wie ein Laufbursche behandelt.

Offizieller Filmtrailer


 

Intensiver Kontakt zum Klan

 

Doch das ist gar nichts gegen den Ku-Klux-Klan, dessen Mitglieder mit ihren markanten weißen Kutten durch Städte marschieren, Kreuze verbrennen und offen gegen Schwarze und andere Minderheiten agitieren. Und der mit ganz gewöhnlichen Anzeigen in der Tageszeitung nach neuen Rekruten sucht. Kurzentschlossen ruft Ron die Nummer an und gibt sich als rassistischer Weißer aus, der sich davor ekelt, dass seine Schwester sich mit einem Schwarzen eingelassen hat.

 

Schnell wird er zu einem Treffen mit den lokalen Rassisten eingeladen. Da er aus offensichtlichen Gründen nicht selbst erscheinen kann, schlüpft fortan sein weißer Kollege Flip Zimmerman (Adam Driver) in seine Rolle. Immer intensiver wird der Kontakt der beiden Polizisten zum Klan, bis sie gar den damaligen Chef der Organisation, den sogenannten „Grand Wizard“ David Duke (Topher Grace) treffen.

 

Absurde Buddy-Komödie

 

Erst 2006 berichtete der ehemalige Polizist Ron Stallworth über die damaligen Ereignisse, 2014 veröffentlichte er sein Buch „Black Klansman“, auf dessen absurden Begebenheiten nun Spike Lees Film basiert. Inwieweit seine Beschreibungen der Wahrheit entsprechen, ist kaum zu überprüfen. Polizei und Ku-Klux-Klan schweigen sich aus. Für Lees Film entsteht dadurch ein erhebliches Glaubwürdigkeitsproblem.

 

Spike Lee scheint das nicht weiter zu kümmern. Sein Interesse an der Geschichte besteht ohnehin nicht in historischer Genauigkeit. Auch eine Beschreibung der Methoden des Ku-Klux-Klans und von dessen Versuch, politische Ämter zu erringen, kommt nur am Rande vor. Über weite Strecken inszeniert Lee die Geschichte als groteske Komödie: Er betont die Absurdität der Situation und lässt die beiden ungleichen Polizisten, die sich der tumben, rassistischen Hinterwäldler des Klans mit Leichtigkeit erwehren, wie in einer Buddy-Komödie agieren.

 

Widerstand gegen weiße Dominanz

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Detroit" - Rekonstruktion der Rassenunruhen von 1967 in Detroit von Kathryn Bigelow

 

und hier einen Beitrag über den Film „Nächster Halt: Fruitvale Station“ – Doku-Drama über die Erschießung eines US-Schwarzen von Ryan Coogler

 

und hier einen Bericht über den Film "The Black Power Mixtape 1967 – 1975" - brillante Doku über die US-Bürgerrechtsbewegung von Göran Hugo Olsson

 

Vor allem aber nutzt Lee den Blick auf eine historische Situation, um über das heutige Amerika zu erzählen. Wenn hier Schwarze über Polizeigewalt sprechen oder bei der Versammlung einer Bürgerrechtsbewegung zum Widerstand gegen das von weißen dominierte Amerika aufgerufen wird, dann zielt Lee mehr als deutlich auf die Gegenwart ab.

 

Von dieser Idee ist auch der allzu schlichte Versuch geprägt, David Duke mit Donald Trump gleichzusetzen. „America First“ und „Make America great again“ ruft Duke aus, also genau jene beiden Parolen, die Trumps Ideologie zusammenfassen. Doch auch wenn Trump immer wieder Dinge von sich gibt, die deutlich rechts von der Mitte stehen: Ein David Duke ist er nicht. Vor allem aber ist das Amerika von 2018 nicht das der 1970er Jahre.

 

Emotionale Schlichtheit

 

Probleme sozialer Natur gibt es in den USA zweifellos genug. Und dass trotz eines schwarzen Präsidenten Obama und eines deutlich gewachsenen Bewusstseins für Rassenungleichheit die Situation gerade für die Minderheiten Amerikas oft problematisch ist, steht außer Frage. Spike Lee zeigt einmal mehr, dass er es mit seiner aus der Wut gespeisten Herangehensweise zwar versteht, mit großer stilistischer Kraft wuchtige und emotionale Filme zu drehen. Deren politische Haltung aber erscheint angesichts einer Polemik, die stets implizit behauptet, die Moral auf ihrer Seite zu haben, oft allzu schlicht.