Größer geht es kaum: Diese Ausstellung will die gesamte Kulturgeschichte der Burg darstellen – also eines Gebäudetyps, der fast 1000 Jahre lang ganz Europa beherrscht hat. Ein so gewaltiges Thema kann kein einzelnes Museum bewältigen. Daher haben sich das Deutsche Historische Museum (DHM) in Berlin und das Germanische Nationalmuseum (GNM) zusammengetan: In der deutschen Hauptstadt wird „Burg und Herrschaft“ gezeigt, in der fränkischen „Mythos Burg“.
Info
Mythos Burg
08.07.2010 - 07.11.2010
täglich außer montags
10 bis 18 Uhr, mittwochs 10 bis 21 Uhr im Germanischen Nationalmuseum, Kärtäusergasse 1, Nürnberg
Minimum geschichtlicher Grundlage
Das macht die dortige Schau zu einem merkwürdigen Wechselbalg. Sie kommt ohne ein Minimum an geschichtlicher Grundlage nicht aus. Die wird jedoch nur kurz angetippt, um gleich zur Nachwirkung in der Vorstellung späterer Generationen überzuleiten. Zudem lässt sich über Burgen nur sinnvoll reden, wenn auch das Mittelalter betrachtet wird. Folglich versucht die Schau, diese Jahrhunderte lange Epoche im Vorübergehen mit zu erklären.
Impressionen der Ausstellung
Volksbildungsauftrag
Ein Raum ist dem Rittertum und seinem Selbstverständnis gewidmet, ein Raum der adligen Lebensweise auf der Burg, ein Raum dem Stellenwert der Religion usw.. Schließlich will das GNM getreu seinem Volksbildungsauftrag alle Altersstufen ansprechen. Kostbare Leihgaben, etwa ein fein ziseliertes Bronze-Aquamanile in Form eines reitenden Ritters aus dem Metropolitan Museum in New York, stehen daher neben Spielzeug-Burgen und einer farbenfrohen Nachschöpfung von König Artus´ Tafelrunde.
All das ergibt ein beliebig zusammen gewürfeltes Sammelsurium. Warum hier Hieb- und Stichwaffen hängen, dort Bauteile aufgestellt sind, links mittelalterliche Inkunabeln ausliegen und rechts Küchengerät, erschließt sich selbst nach der Lektüre aller Legenden nur selten. Noch willkürlicher wird die Anordnung der Exponate im zweiten Teil, der sich der Mystifizierung von Burgen in der Neuzeit widmen soll.
Idealisierte Vergangenheit
Dass die Romantiker in Burgen-Seligkeit schwelgten, manche Fürsten Burg-Ruinen errichten ließen und dabei mit überkommener Architektur recht frei umgingen, ist nichts Neues. Doch warum sie das taten, bleibt unerwähnt. Die Ausstellung vermag nicht deutlich zu machen, dass diese Träume von einer idealisierten Vergangenheit nur als Ausdruck des Unbehagens an der industriellen Moderne zu verstehen sind, die im 19. Jahrhundert die Lebenswelt immer stärker prägte. Da bleibt nur eines: abreißen und neu bauen.