Maßloser Erklärungsanspruch
Allein der Konzeptkünstler Ilja Kabakov beantwortet eindeutig die Frage nach Gottes Existenz. Mit seiner Installation fordert er dazu auf, sich aus großer Höhe hinabzustürzen: «Und wenn dir dann während deines Falls Flügel am Rücken wachsen, wirst Du wissen, dass jemand über Dir wacht.»
Solche Selbstversuche sind unnötig, um von der Ausstellung zu profitieren. Es genügt, sie ausgeruht und hoch konzentriert zu durchwandern. Nur so lassen sich die Unmengen an Materialien und Informationen halbwegs erfassen. Denn der Erklärungsanspruch dieser Schau ist so maßlos wie der ihres Gegenstandes.
Weltumspannender Ehrgeiz in drei Räumen
Sie will volkspädagogisch Basiswissen über die Weltreligionen vermitteln und zugleich Widersprüche in ihren Praktiken aufzeigen. Sie will religionssoziologisch das Phänomen umfassend beschreiben und dabei den einzelnen Gläubigen mit seinen Überzeugungen radikal ernst nehmen.
Hintergrund
Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Sagrada – Das Wunder der Schöpfung" von Stefan Haupt über die Kathedrale Sagrada Familia in Barcelona.
Kruzifix mit nackter Maria
Und das mit denkwürdigen Exponaten, die allesamt echte Hingucker sind: Ein Jesus-Bild, auf das Japaner im 18. Jahrhundert treten mussten – andernfalls galten sie als heimliche Christen und wurden hingerichtet. Ein Bronze-Kruzifix der Bakongo im Kongo-Delta aus dem 17. Jahrhundert: Unter dem Erlöser ist eine nackte Maria zu sehen.
Ein Zielfernrohr der US-Armee, deren Typen-Nummer auf eine Bibelstelle verweist: «Ich bin das Licht der Welt.» Ein Spar-Kamel der «National Bank of Kuwait»: Muslimische Kinder würden ihre Dinare nie in ein unreines Schwein stecken.
Solche Fundstücke sagen mehr über das wechselvolle Weltverhältnis von Religionen und Gläubigen als Dutzende von theologischen Traktaten. Ein großer Wurf ist diese Ausstellung, groß auch in seinem Scheitern. Gelänge er, wäre er nicht von dieser Welt.