Völklingen

Die Kelten – Druiden. Fürsten. Krieger

Hydria (Wasserkrug) von Grächwil in der Schweiz (Detail), um 580 v. Chr., Bronze, Höhe 56,5 cm, Bernisches Historisches Museum. Foto: ohe
Die Kelten sind das rätselhafteste Volk der Antike: Sogar ihr Name ist unklar. Die Völklinger Hütte kontrastiert nun die schönsten Funde mit monströsen Maschinen – in der größten Kelten-Schau, die es je gab.

Wie in der Schatzhöhle eines Titanen

 

Das auch diese Ausstellung nicht auflösen kann. Aber sie trägt alle Puzzle-Teile zusammen, die ein – wenngleich lückenhaftes – Bild dieser verschwiegenen Vorfahren ergeben. Wo alle Original-Zeugnisse längst verrottet sind, behilft sie sich mit gelungenen Rekonstruktionen. Etwa der eines keltischen Wohnhauses: mit seiner simplen Fachwerk-Architektur aus Holz und Lehm, seinen schlichten Holz-Truhen und –Hockern und dem Strohdach ähnelt es ärmlichen Bauern-Katen bis ins 19. Jahrhundert.

 

Hinreißend aufwändig sind dagegen die Exponate in der Gebläse-Halle, dem Kernstück der Ausstellung: Hier produzierten bis 1986 riesige Turbinen bis zu 300.000 Kubikmeter Luft, um die Hochöfen zu versorgen. Zwischen diesen Giganten, selbst Relikte einer untergegangenen Kultur, blitzt und funkelt es golden und bronzen aus den Vitrinen – als wäre man in die Schatzhöhle eines urzeitlichen Titanen geraten.

 

Balkan-Motive in Dänemark

 

Aufgeboten wird das Beste, was Archäologen ans Tageslicht befördert haben. Etwa der Helm von Agris aus Frankreich: eine vergoldete Bronzehaube, die rundum mit Ornament-Reliefs geschmückt ist. Oder der goldene Armring von Rodenbach; ein filigranes Kleinod, wie es kein zeitgenössischer Goldschmied besser machen könnte. Oder Kannen und Krüge, deren Deckel und Tüllen überreich mit Figurenschmuck verziert sind.

 

Das wichtigste Schaustück findet sich am Ende des Rundgangs: Der silberne Kessel von Gundestrup, der kurz vor der Zeitenwende entstanden ist und in Dänemark gefunden wurde. Da wurde er jedoch keinesfalls angefertigt: Seine Reliefplatten zeigen in Nordeuropa unbekannte Tiere wie Elefanten und Löwen. Ihre Darstellung weist auf eine Herkunft aus der rumänisch-bulgarischen Region hin; dort lebten damals Kelten und Thraker benachbart.

 

Chaos des Unwissens harrt der Erforschung

 

Dieser Kessel ist eine der wichtigsten Quellen zur Deutung der keltischen Religion. Jede Platte zeigt einen Gott; manche kann man identifizieren, andere nicht. Wie auf der Bodenplatte aus getriebenem Silber: Eine Frauenfigur tötet einen monströsen Stier; drei Hunde helfen ihr dabei. Symbolisiert der Stier das Chaos, das die Frau mit seiner Tötung abwendet, um die Weltordnung zu erhalten? Genaues weiß man nicht.

 

So führt diese atemberaubende Ausstellung vor allem das Chaos des Unwissens über die Kelten vor, das der ordnenden Eingriffe der Wissenschaft noch bedarf. Doch das wird länger dauern als die Umwandlung dieses Maschinenparks in eine Weihestätte der Kultur: Der Stier ist sehr groß, und die Frau mit Speer klitzeklein. Ein Schluck von Miraculix’ Zaubertrank täte ihr gut.