
Was sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Metropolen wie Berlin oder Paris unter den Schlagworten Kubismus oder Futurismus zu einer in sich ziemlich kohärenten Kunst-Schule ausgebildet hatte, wurde selbstverständlich auch in Wien wahrgenommen – hier jedoch gab es noch keine so feste Traditionslinie.
Info
DYNAMIK! - Kubismus / Futurismus / KINETISMUS
10.02.2011 - 29.05.2011
täglich 10 bis 18 Uhr, mittwochs bis 21 Uhr im Unteren Belvedere, Wien
«Vom Leben durchpulster Aktivismus»
Der international nicht so geläufige Wiener Kinetismus war eine dort entstandene, künstlerische Haltung: kein neuer Stil, sondern ein «vom modernen Leben durchpulster Aktivismus», wie Cizek es formulierte. Kulminationspunkt der Bewegung war die Internationale Ausstellung neuer Theatertechnik 1924 im Wiener Konzerthaus, das damals Dreh- und Angelpunkt der Kunstszene war. Die Ausstellung zog zahlreiche namhafte Künstler aus Europa nach Wien.
«Es schien, als würde Utopia Realität werden» beschrieb rückblickend Friedrich Kiesler die Stimmung unter vielen Beteiligten. Mit Kieslers eigens konzipierter Raumbühnen-Konstruktion war sogar eine temporäre, konstruktivistische Architektur realisiert worden. Das Wiener Belvedere widmet dieser Avantgarde-Strömung die Ausstellung «DYNAMIK!» und präsentiert eine umfangreiche Werkschau zur Abstraktion in Wien zwischen 1919 und 1929.
Vorläufer heutiger Video-Installationen
Der Wiener Kinetismus vereint zwar verschiedene künstlerische Positionen, doch ist allen die Suche nach einer Synthese des inneren Ausdrucks von kubistischer und futuristischer Formauffassung gemeinsam, mit der man die Dynamik der modernen Lebenswelt erfassen wollte.
Bewegung war ein wichtiges Thema, ebenso wie die Effekte der Modernisierung und Technisierung auf die Lebenswelt. Die Künstler setzten sich mit Tanz, Musik oder Film auseinander; die Ausstellung kann sogar mit frühen Vorläufern heute allgegenwärtiger Video-Installationen überraschen.
Zusammen mit Meisterwerken von František Kupka, Robert Delaunay, Fernand Léger, Franz Marc, Carlo Carrá oder Giacomo Balla wird die Wiener Avantgarde in den Kontext der europäischen Moderne gestellt. Angesichts der Tatsache, dass letztere im zeitgenössischen Ausstellungs-Betrieb keineswegs unterrepräsentiert ist, erstaunt, wie viel Neues man in dieser Schau entdecken kann.