Berlin

Göttliche Menschen, menschliche Götter

Machang durchbricht die feindlichen Linien, Werkstatt des Giuseppe Castiglione (chin. Name Lang Shining), Tusche und Farben auf Papier, 1759; Foto: ohe
Lost in Fachchinesisch: Das Berliner Museum für Asiatische Kunst zeigt zwei Ausstellungen über figürliche Malerei in China mit bemerkenswert eigenwilligen Rollbildern – völlig unkommentiert.

Im 20. Jahrhundert ist Chinas politische und soziale Ordnung dreimal umgekrempelt worden: Das morsche Kaiserreich wurde 1912 zur Republik und 1949 zur Diktatur einer KP, die seit 30 Jahren den Kapitalismus durchsetzt. Wie sich diese Erschütterungen auf die Künste auswirkten, ist eine spannende Frage – die leider unbeantwortet bleibt.

 

Info

Menschen und Götter - Figurenmalerei in China

 

21.09.2010 - 27.03.2011

 

Göttliche Menschen, menschliche Götter - Figürliche Malerei im 20. Jahrhundert

 

21.12.2010 - 17.04.2011
täglich außer montags 10 - 18 Uhr, samstags und sonntags ab 11 Uhr im Museum für Asiatische Kunst, Lansstraße 8, Berlin-Dahlem

 

Weitere Informationen

Dabei sind ein Dutzend bemerkenswerter Rollbilder aus dem 20. Jahrhundert zu sehen – aber kunterbunt durcheinander. Mythologische Motive in traditioneller Tusche-Technik hängen neben maoistischer Propaganda, durchsetzt mit eigenwilligen Werken. Ob sie für Privaträume bestimmt waren oder die Kulturpolitik solche individuellen Handschriften zuließ, ist unklar.

 

Stolzer Vater als grauer Schemen

 

So fertigt Song Zhongyuan 1982 ein Familienbild an, das alle offiziellen Klischees bediente: stolzer Vater, fürsorgliche Mama, braves Kind. Derselbe Maler stellt sich 1987 als grauen Schemen vor einem Schattenriss-Schreibtisch dar: Selbstkritik eines Kultur-Bürokraten? Zugleich porträtiert er einen Kollegen in pastosen Farben als glücklichen Menschen. Planerfüllung eines virtuosen Maler-Chamäleons? Die Schau schweigt.


Impressionen der Ausstellung


 

Herrschafts-Wissen konservieren wie die KP

 

Ähnlich die Parallel-Ausstellung «Menschen und Götter» über Figuren-Malerei in der Kaiserzeit: Ein Dutzend Werke aus 700 Jahren sind willkürlich im Raum verteilt. Zwar erfährt man Namen und Heldentaten der abgebildeten Kriegsherren, aber nichts über den jeweiligen Stil. Es sei denn, man kennt die kurz erwähnten chinesischen Mal-Schulen. Oder weiß, dass sich hinter Lang Shining der Jesuiten-Pater Giuseppe Castiglione verbirgt, der von 1715 bis 1766 in Peking lebte und Chinas Kunst revolutionierte.

 

Zwei Ausstellungen von Sinologen für Sinologen: Fachleute werden die Qualität der gezeigten Stücke zu würdigen wissen. Laien werden mit Bild-Legenden abgefertigt, die das Offensichtliche beschreiben. Jeder Kontext wurde weggelassen; vermutlich kam den Kuratoren nicht in den Sinn, er könnte gefragt sein. So konserviert man Herrschafts-Wissen wie das Politbüro der KP Chinas: Das Volk darf nur sprachlos staunen.