
Seit dem Ende der Monarchie haben deutsche Maler-Fürsten nicht mehr viel zu melden. Die Paläste, in denen ein Lenbach, Stuck oder Klinger einst sich huldigen ließen, stehen nun wie Menhire einer versunkenen Epoche herum. Ihre Kolossal-Werke verstecken Museen meist in hinteren Räumen – wo kaum noch ein Besucher hinkommt.
Info
Max Klinger:
Von der herben Zartheit schöner Formen
21.01.2011 - 24.04.2011
mittwochs bis samstags 12 - 19 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr, sonntags ab 11 Uhr im Wilhelm-Lehnbruck-Museum, Friedrich-Wilhelm-Straße 40, Duisburg
Katalog, 2 Bd.: 30 €
Von Exlibris bis zu Groß-Plastiken
Die Zusammenstellung von etwa 100 Exponaten aus der Sammlung eines Klinger-Verehrers mit rund 60 Leihgaben aus Museen zeichnet sich durch Vielfalt aus: Von winzigen Exlibris und erotischen Zeichnungen bis zu Groß-Plastiken des Geniekults wie Beethoven und Nietzsche in Bronze ist alles vertreten.
Impressionen der Ausstellung
Kreuzigung mit splitternacktem Christus
Klinger war sehr vielseitig: Er probierte laufend neue Techniken und Motive aus. Mögen seine akademische Formensprache und sein monumentales Pathos heute etwas befremden – gefällig war er nicht. Der Großmanns-Sucht des Wilhelminismus setzte er eine aus dem Kanon des Bildungsbürgertums abgeleitete Symbolik entgegen, die er häufig krass naturalistisch ausführte. Seine «Kreuzigung» von 1893 löste einen Skandal aus, weil Christus völlig nackt war.
Leider ist der Titel «Von der herben Zartheit schöner Formen» das Originellste an der Schau. Ansonsten gerät sie arg gestrig: Außer dürren Daten zu Leben und Werk gibt es keine Informationen, und die Hängung wirkt völlig beliebig. Zudem ist der lokalpatriotische Versuch, Wilhelm Lehmbruck als von Klinger beeinflusst darzustellen, extrem bemüht: Der orientierte sich eher an Naturalisten wie Constantin Meunier.
Nur Bildtafeln + Jahres-Chronik im Katalog
Auch der zweibändige Katalog darf als schön ausgestatteter Witz gelten: Ein Band enthält nur Bildtafeln – alles Weitere wurde in den Anhang verbannt. Den zweiten Band füllt allen Ernstes eine Jahres-Chronik von Klingers Leben anhand Hunderter von Brief-Zitaten. Bei allem Respekt vor werkgetreu wilhelminischer Kunst-Präsentation: Das Ausstellungs-Wesen hat nach 100 Jahren einiges mehr zu bieten.