Ein Foto «schießt» man. Nicht ganz von ungefähr rückt der Sprachgebrauch das Fotografieren in die Nähe einer gewalttätigen Handlung. Mit einem Foto tötet man zwar nicht, doch etwas Räuberisches hat es allemal an sich, Bilder «einzufangen», wie schon Susan Sontag feststellte. Die Ausstellung «SHOOT!» in der Berliner Galerie C/O inspiziert nun einmal genauer, was hinter der sprachlichen Analogie an ästhetischem Potenzial steckt.
Info
SHOOT! -
Fotografie existenziell
05.02.2011 - 03.04.2011
täglich von 11 bis 20 Uhr in der Galerie C/O Berlin, Oranienburger Str 35/36, Berlin
Fotografische Selbstmord-Attentate
Weiter ist eine Langzeit-Serie der Dänin Ria van Dijk zu sehen, die sich seit 1936 jährlich bei einer Schieß-Übung ablichtet, oder die fotografischen Selbstmord-Attentate des Schweizers Rudolf Steiner, der einen vorpräparierten Kasten per Gewehrkugel in eine Lochkamera verwandelt und, den Gesetzen der Perspektive gehorchend, auf den entstandenen Bildern zu seinem eigenen Ziel werden muss.
Herausragend sind die Bilder von Christian Marclay, dem erst vor kurzem eine Retrospektive in New York gewidmet wurde. Von ihm ist auch eine dadaistische Video-Installation zu sehen, die den Betrachter von allen Seiten unter Beschuss nimmt.
Foto-Schießstände für heroische Erinnerungsbilder
Den Ausstellungs-Rundgang beenden darf jeder Besucher an einem eigens eingerichteten Schießstand – wer ins Rote trifft, dem druckt die angeschlossene Kamera sein Bild aus. Es gehört zu den Aha-Effekten dieser witzigen Schau, dass solche Foto-Schießstände lange Zeit zu den großen Jahrmarkts-Attraktionen zählten. Aufgekommen waren sie nach dem Ersten Weltkrieg, weil den zurückgekehrten Soldaten die «heroischen» Erinnerungsbilder fehlten.
Dem Kurator Clément Chéroux ist es bestens gelungen, das Spannungs-Verhältnis von Spaß und Gewalt, das dem Akt des Schießens inneliegt, zu veranschaulichen. Die Trennung zwischen historischen und Kunst-Bildern hat er dafür bewusst umgangen. Bravo! – ein Volltreffer.