München

Positionen: Japanische Holzschnitte im 20. Jahrhundert

Koizumi Kishio (1893 - 1945): Eitai-Brücke in Tokyo in der Showa-Periode, 1937. Foto: © Staatliches Museum für Völkerkunde München
Von Geishas zur Abstraktion: Schon vor 200 Jahren erreichten Farbholzschnitte in Japan ein Massenpublikum. Im 20. Jahrhundert adaptierten sie die Bildsprachen der Moderne, wie das Völkerkundemuseum zeigt.

Dorfleben neben Stahlbrücken, Geishas und Kabuki-Theater neben Op-Art: Diese Holzschnitte vereinen mühelos Tradition und Moderne. Sie integrieren die neue Welt der Technik ohne Umstände in herkömmliche Darstellungen: Farbholzschnitte mit profanen Motiven sind die japanische Kunstform schlechthin.

 

Info

Positionen: Japanische Holzschnitte im 20. Jahrhundert

 

30.11.2010 - 08.05.2011
täglich außer montags 9.30 bis 17.30 Uhr im Völkerkundemuseum, Maximilianstraße 42, München

 

Weitere Informationen

«Ukiyo-e», die «Bilder der vergänglich fließenden Welt», waren und sind sehr populär. Sie erreichten schon im 18. Jahrhundert hohe Auflagen. Ähnlich der Unterhaltungsliteratur: Damals erschienen im Inselreich mehr Romane als in England. Japan produzierte Kultur für ein Massenpublikum, die mit europäischer Genre-Kunst und –Belletristik vergleichbar ist.

 

Staat fördert westliche Einflüsse

 

Traditionell wurden die Farbholzschnitte arbeitsteilig von Malern, Schnitzern und Druckern hergestellt. Als das Land der aufgehenden Sonne sich Mitte des 19. Jahrhunderts für die Außenwelt öffnete, unterlag auch die Grafik westlichen Einflüssen. Der Staat förderte das.


Impressionen der Ausstellung


 

Arbeitsteilung oder alles aus einer Hand

 

Vertreter des shin-hanga hielten jedoch an der Arbeitsteilung und ihrer Motivwelt schöner Frauen, ländlicher Idyllen und grotesker Typen fest. Andere Künstler nahmen mit sôsaku-hanga alle Aufgaben selbst in die Hand. Sie wandten sich neuen Sujets zu: subjektive Eindrücke und abstrakte Themen.

 

Hintergrund

Lesen Sie hier eine Rezension der Ausstellung "Ferne Gefährten" über 150 Jahre deutsch-japanische Beziehungen in den Reiss-Engelhorn-Museen, Mannheim

 

und hier eine Lobeshymne auf die grandiose Hokusai-Retrospektive im Martin-Gropius-Bau, Berlin

 

und hier eine Besprechung der Ausstellung "Der chinesische Lustgarten" über erotische Kunst aus China im Museum für Asiatische Kunst, Berlin.

Die Bandbreite dieser Kunstform führt nun das Völkerkundemuseum München vor. Es zeigt Teile einer dem Haus geschenkten Privatsammlung, ergänzt um Werke aus eigenem Bestand. Die Porträts im shin-hanga-Stil sind in ihrer Flächigkeit und Betonung der Linie noch stark an Blätter des Altmeisters Hokusai angelehnt.

 

Selbst erfundene Punzierungs-Technik

 

Dagegen erinnert eine Ansicht von Qufu, Konfuzius’ Geburtsort, mit harten Schwarz-Weiß-Kontrasten an expressionistische Holzschnitte. Eine «Brücke im Regen» wird in der Vogelschau zum Geflecht aus kubischen und runden Formen. Und der Künstler Osamo Morozumi erfand eigens eine nuancenreiche Punzierungs-Technik, um kugelige Gebilde plastisch darzustellen.

 

Die kleine Auswahl gibt nur einen summarischen Überblick. Dennoch wird deutlich, wie stürmisch sich diese Kunstform in der Moderne weiterentwickelte. Dass sie keineswegs nur l’art pour l’art ist, demonstrieren Arbeiten von Fumio Kitaoka aus den 1940er Jahren. Sie zeigen Verzweifelte, die durch Trümmerwüsten irren: Bilder von beklemmender Aktualität.