Wham, bam, thank you, man! Diese Bilder geizen nicht mit krassen Reizen. Monster aller Art reißen ihre Mäuler auf, Blut fließt in Strömen, abgerissene Körperteile fliegen dutzendweise durch die Luft. Die Motivwelt ghanaischer Filmplakate ist eine einzige Horror-Show.
Info
Deadly And Brutal - Filmplakate aus Ghana
01.04.2011 - 26.06.2011
täglich außer montags 10 - 18 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr in der Pinakothek der Moderne, München
Nur in Ghana handgemalt
Dabei stellen diese Poster eine einzigartige und wahrscheinlich kurzlebige Kunstform dar. Seit 20 Jahren blüht die Filmindustrie in Nigeria: Ihre billig produzierten Kolportage- und Trivial-Filme finden überall in Afrika reißenden Absatz. Doch nur in Ghana werden sie mit handgemalten Filmplakaten beworben.
Impressionen der Ausstellung
Abgegriffene Plakat-Ecken bei populären Filmen
Eine Form der Gebrauchsgrafik, die im Westen nahezu ausgestorben ist: Früher ließ jedes Kino für seinen Hauptfilm große Plakate anfertigen, die oft fantasievoll gestaltet waren. Damit werben in Ghana so genannte Video-Clubs: Improvisierte Vorführ-Räume, in denen Filme auf Kassetten oder DVD gezeigt werden.
Wie populär ein Film war, lässt sich an den Ecken der Plakate erkennen: Sind sie abgegriffen, wurde das Poster x-mal aufgehängt. Solchen Video-Clubs macht jedoch der Preisverfall bei DVD-Playern allmählich den Garaus. Immer mehr Haushalte können sich ihr eigenes Pantoffelkino leisten.
Telefon-Signatur für Anschluss-Aufträge
Dennoch entstanden noch in jüngster Zeit Plakate. Mit eigener künstlerischer Handschrift: Viele Maler signieren ihre Arbeiten – gern mit Telefonnummer für neue Aufträge. Obwohl die verwendeten Schock-Effekte auf den ersten Blick stereotyp wirken, entpuppt sich ihre Bildsprache bei näherem Hinsehen als eigentümlicher Mix verschiedener kultureller Einflüsse.
Das wird besonders bei Adaptionen von Action- und Martial-Arts-Filmen aus den USA und Asien deutlich. Die üblichen Muskelpakete und Kampfposen variieren die Künstler mit christlichen Bildformeln. Etwa der Bedeutungsperspektive – Gegner werden kleiner dargestellt – oder der Heilslehre: So hängt der Karate-Profi Jean-Claude van Damme wie Jesus am Kreuz.
Fußball endet in Penis
Hintergrund
Lesen Sie hier einen Beitrag über die Ausstellung “Momente des Selbst: Porträt-Fotografie und soziale Identität” mit afrikanischer Fotografie in The Walther Collection, Neu-Ulm.
und hier eine Rezension des Buchs "Neues afrikanisches Kino" von Manthia Diawara
und hier die kultiversum-Besprechung einer Nollywood-Filmreihe in Berlin.
Da verspritzt eine Hexe giftige Milch aus riesigen Torpedo-Busen – an herkömmlichen Fetischen signalisieren sie Fruchtbarkeit, hier offenbar ins Dämonische gewendet. Eine Kollegin von ihr im Internet-Zeitalter – der Film heißt «Witches.com» – steht auf einer Art Fußball, der in einen Penis ausläuft. Was mag das bedeuten?
Solche geradezu surrealen Elemente werden wie selbstverständlich in die Kompositionen integriert. Hier eröffnet sich eine Ikonographie, von der man hierzulande keine Ahnung hat. Grund genug, genauer hinzusehen: Vielleicht kommt der nächste Dalí aus Ghana und hat als Filmplakat-Maler angefangen.