München

Die neue Wirklichkeit. Fotografie der Moderne der Stiftung Wilde

Aenne Biermann: Betrachtung, Tochter Helga, ca. 1930; Foto: Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Sibylle Forster
Die Pinakothek der Moderne erhält eine bedeutende Sammlung klassischer Fotografie. Ihrer Bedeutung wird die erste Ausstellung jedoch nicht gerecht: Eine uninspirierte Präsentation setzt keinerlei Akzente.

Für die Pinakothek der Moderne war es ein Glücksfall, als ihr Anfang 2009 die Stiftung Ann und Jürgen Wilde angegliedert wurde. Zwar soll das 2002 eröffnete Museum auch Fotografie sammeln. Doch zuvor hatte sich die Pinakothek auf Zeitgenössisches beschränkt – ältere Werke haben sich in den letzten Jahren stark verteuert.

 

Info

 

Die neue Wirklichkeit - Fotografie der Moderne aus der Stiftung Ann und Jürgen Wilde

 

26.03.2011 - 26.06.2011
täglich außer montags 10 - 18 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr in der Pinakothek der Moderne, München

 

Beiheft 9,90 €

 

Weitere Informationen

 

Dieses Manko glich die Sammlung Wilde mit einem Schlag aus: Ihr Schwerpunkt liegt auf dem frühen 20. Jahrhundert – als einzige derartige Kollektion, die noch in Privatbesitz war. Die Wildes führten in Köln ab 1972 die erste auf Fotografie spezialisierte Galerie in Deutschland. Sie trug maßgeblich dazu bei, jene als Kunstform zu etablieren.

 

Archive als nationales Kulturgut

 

Ihre Archive von Karl Blossfeldt und Albert Renger-Patzsch sind als schützenswertes nationales Kulturgut anerkannt. Insgesamt umfasst die Sammlung mehr als 10.000 Original-Abzüge, ebenso viele Negative und Tausende von Fachbüchern; ihr Wert wird auf 120 Millionen Euro geschätzt.

Impressionen der Ausstellung


 

Urformen der Kunst im Antlitz der Zeit

 

Nun stellt die Pinakothek den ergatterten Schatz erstmals vor – mit 110 Bildern von neun Avantgarde-Fotografen der 1920er Jahre. Durchweg klassische Arbeiten: Angefangen von Blossfeldt, der 1928 mit Pflanzen-Details als «Urformen der Kunst» berühmt wurde, über die legendären Porträts von August Sander in «Antlitz der Zeit» bis zu Renger-Patzschs Objekt- und Technik-Studien, deren formale Kühnheit und Originalität noch heute verblüfft.

 

Angesichts der Bedeutung dieser Sammlung verwundert die uninspirierte, fast schon lieblose Präsentation. Die monotone Hängung setzt keinerlei Akzente. Außer Namen und Lebensdaten erfährt man nichts über die gezeigten Koryphäen. Zudem fehlt jeder Hinweis auf Absichten und Ziele damaliger Strömungen wie der Neuen Sachlichkeit.

 

Begleitheft im Illustrierten-Stil

 

Wer mehr wissen will, muss das Begleitheft erwerben, das im Stil einer Illustrierten der 1920er Jahre gestaltet ist. Offenbar gehen die Kuratoren davon aus, dass alle Besucher die ausgestellten Werke ohnehin kennen und sich am Wiedererkennungs-Effekt erfreuen. Oder sich mit reiner Anschauung begnügen. Dieser Purismus wird den großzügigen Stiftern, die sich stets um Anerkennung der Fotografie als Kunst bemühten, nicht gerecht.