
Er konnte tagelang auf die richtigen Lichtverhältnisse warten. Dann machte er oft nur ein einziges Foto – auf dem alles genauso aussah, wie es ihm vorgeschwebt hatte. Julius Shulman war ein Perfektionist mit perfektem Gespür für Timing. Mit Digital-Kameras, die automatisch mehrere Bilder pro Sekunde schießen, hätte er sich wohl kaum angefreundet.
Info
Ein Leben für die Architektur: Der Fotograf Julius Shulman
14.04.2011 - 12.06.2011
täglich außer montags 14 - 18 Uhr im Architekturmuseum Schwaben, Buchegger-Haus, Thelottstr. 11, Augsburg
Auf der Baustelle engagiert
Dabei kam Shulman eher zufällig zur Architektur-Fotografie. Er knipste 1936 die Baustelle in den Hollywood Hills, auf der Richard Neutra eine Residenz für den Journalisten Josef Kun errichtete. Neutra sah diese Bilder, war begeistert und machte den Amateur zu seinem Haus-Fotografen. Andere namhafte Auftraggeber wie Frank Lloyd Wright, Richard Schindler und Pierre Koenig kamen hinzu: Bald prägte Shulman das öffentliche Bild vom neuen Baustil.
Impressionen der Ausstellung
Leben zwischen Swimming-Pool + Cocktail-Bar
Er lichtete nicht nur Dächer und Wände ab, sondern den ganzen «american way of life»: Seine komplexen Kompositionen aus Linien, Graustufen und Schatten bildeten die Kulisse für raffinierte Inszenierungen. Shulmans Aufnahmen betteten die Gebäude in ihre Umgebung ein oder suggerierten einen Lebenswandel ihrer Bewohner zwischen Swimming-Pool und Cocktail-Bar.
Besonders deutlich wird das an seinem bekanntesten Bild, einem der berühmtesten Architekturfotos überhaupt: Pierre Koenigs «Case Study House 22» von 1959/60. Leger drapierte Kissen auf Liegen und Sofas legen nahe, die Benutzer seien soeben aufgestanden. Am offenen Panorama-Fenster blickt ein Mann auf das Lichtermeer von Los Angeles unter ihm, als stände er auf einer Steilklippe: ein Sehnsuchtsbild vom Herrscher der Welt.
Schein + Sein in Jugendstil-Villa
Hintergrund
Lesen Sie hier die kultiversum-Rezension einer Ausstellung über Richard Neutra und Julius Shulman im MARTa, Herford.
Auf heimeliger Holzverkleidung kommen Shulmans Architektur-Visionen paradoxerweise gut zur Geltung: Der Gegensatz zwischen Schein und Sein wird handgreiflich spürbar. Die kühnen Stahl-Glas-Konstruktionen kamen in Nachkriegsdeutschland nie an. Hier herrschte Wohnblock-Bebauung wie vor der Haustür vor. Damit versöhnt der üppige Skulpturen-Garten der Villa: Soviel Grün gibt es unter kalifornischer Sonne nirgends.