Berlin

Based in Berlin

Simon Fujiwara: Phallusies (An Arabian Mystery), 2010, Mixed Media; Foto: ohe
Weder arm noch sexy: Die Leistungsschau junger Künstler, die trotz enormen Budgets keine sein will, überflutet die Stadt mit einem Ozean mäßiger Arbeiten. Darin gehen die wenigen guten Werke unter.

Anders bei einer Installation von Maria Loboda im Hamburger Bahnhof. «That´s how every empire falls» ist ein festlich gedeckter Tisch, auf dem sich 118 Servietten stapeln. Ihre Anordnung bildet einen Code, den Francis Bacon austüftelte. Man muss ihn nicht dechiffrieren, um die Anspielung zu erfassen: Das Übermaß an Luxus signalisiert Dekadenz.

 

Parasiten-Kunst als Fan-Veranstaltung

 

Hier gibt es immerhin mehrere Bedeutungsebenen; Sinnangebote, die sich entschlüsseln lassen. Das fehlt meist. Häufig wirken die Beiträge unausgegoren, eindimensional und platt. Matthias Fritsch zeigt Videos der «Fuckparade», Jeremy Shaw «Straight Edge»-Tänzer und das Poster des «Christiane F.»-Films, Pantha du Prince seine Plattencover – fades Recycling des Mythos vom ach so cool-kaputten Berlin.

 

Auch beliebt: Das Werk irgendeines Großkünstlers des 20. Jahrhunderts aufgreifen und weiterspinnen. Sei es eine Kurzgeschichte von Fernando Pessoa als TV-Debatte bei Jan Peter Hammer, diverse Synchron-Fassungen von Woody Allen bei Erik Bünger oder die Karriere des Rappers Dr. Dre bei Ilja Karilampi. Da reicht ein Griff ins eigene Bücher- oder Plattenregal; diese Parasiten-Kunst soll wenigstens die Fans des jeweiligen Idols begeistern.

 

Mehr Staatsknete, dann Ruhe!

 

Am cleversten agieren die Teilnehmer, die Spektakel des Kunstbetriebs wiederholen und das als Reflexion desselben verkaufen. Das Duo «Galerie im Regierungsviertel» stellt nur die Vernissage selbst aus: Wichtigtun, Saufen, Abhängen. Das soll man «allerdings nicht als Trinkbude für die Kunstszene missverstehen». Keinesfalls: Hier wird «gemeinsame Aktivität von Involvierten produziert».

 

Geradezu rührend in seiner altmodischen Radikalität ist das Pamphlet von «after the butcher». Nach «intensivem diskussionsprozess» nimmt die Gruppe «an dieser ausstellung unter protest teil», weil es «kein einziges berliner förderprogramm für selbstorganisierte ausstellungsräume gibt». Denn: «wir verabscheuen es, uns über ‚leistung’ zu definieren». Lies: Gebt uns mehr Staatsknete und lasst uns in Ruhe! Ein Boykott würde diesen Protest glaubwürdiger machen – aber «after the butcher» war wohl scharf auf das Ausstellungs-Honorar.

 

Auffangbecken für Spätpubertäre

 

Dieses Motiv darf man hinter vielen Beiträgen vermuten – so lustlos, schlampig und hingepfuscht kommen sie daher. Bei «Based in Berlin» erscheint die Nachwuchs-Szene – von Ausnahmen abgesehen – als Auffangbecken für spätpubertäre Stümper, die subventionierte Konzeptlosigkeit als dernier cri drapieren.

 

Zu diesem Eindruck trägt auch eine fatale Fehlentscheidung bei: Elaborierte Arbeiten mit Substanz wurden in vier feste Einrichtungen – Berlinische Galerie, Hamburger Bahnhof, KW, n.b.k – ausgelagert. Kleinkram und Ausschuss füllen dagegen die zentrale Anlaufstelle für Besucher, das Atelierhaus im Monbijou-Park. Es gehörte früher zur Kunsthochschule Weißensee und wird nach der Ausstellung abgerissen und entsorgt. Am besten samt Inhalt.