Rom, die ewige Stadt – ewig ja, aber Stadt? Schon in der Spätantike weideten Schafe auf dem Forum; das Machtzentrum war längst nach Konstantinopel abgewandert. Im Mittelalter strömten Pilger in die Kirchen, aber sonst war wenig los. Erst die Renaissance-Päpste verhalfen Rom zu neuer Blüte. Vor 500 Jahren reiste der Augustinermönch Martin Luther hierher – Anlass für diese Ausstellung.
Info
Rom sehen und sterben...
Perspektiven auf die Ewige Stadt. Um 1500 - 2011
08.05.2011 - 17.07.2011
täglich außer montags 11 - 18 Uhr, donnerstags bis 22 Uhr in der Kunsthalle Erfurt im Haus zum Roten Ochsen, Fischmarkt 7
Katalog im Handel 39,90 €
Sie breitet Stadt-Ansichten aus, die deutsche Reisende seither entworfen haben. Ähnlich wie bei der Schau «Viaggio in Italia» in der Kunsthalle Karlsruhe 2010 entsteht ein farbenprächtiges Panorama von Wunsch-Bildern: Jede Generation sah Rom so, wie sie wollte.
Dafür war reichlich Raum. Ein Holzschnitt in der Schedelschen Weltchronik von 1493 belegt, wie klein die Stadt damals war. Kamen die Pilger noch wegen der Wallfahrtsorte, verlagerte sich im 17. Jahrhundert das Interesse auf antike Ruinen. Mit der Grand Tour – der Studienreise junger Adliger an klassische Stätten – entstand die Souvenir-Branche: Veduten von Piranesi oder Giuseppe Vasi wurden beliebte Mitbringsel.
Kork-Modelle für reiche Touristen
Vasi fertigt 1765 eine meterlange Gesamtansicht an, die in der Schau gezeigt wird. Jedes Hausdach ist darauf zu erkennen – Google Maps aus der Druckerpresse. Begehrt sind auch naturgetreue Korkmodelle berühmter Bauten, die sich nur reiche Touristen leisten können. Solche Vorbilder prägen die Italien-Begeisterung des jungen Goethe. «Es geht, man darf wohl sagen, ein neues Leben an, wenn man das Ganze mit Augen sieht, das man teilweise in- und auswendig kennt», notiert er 1786 in Rom. Dort zeichnet er fleißig.
Goethe trifft bereits auf eine große deutsche Künstler-Kolonie. Konzentrieren sich Klassizisten wie Jakob Philipp Hackert und Joseph Anton Koch noch auf geläufige Motive, suchen ihre Nachfahren Anfang des 19. Jahrhunderts eher stimmungsvolle Szenen. Friedrich Nerly oder Carl Blechen durchstreifen das Umland der Stadt und halten ihre Eindrücke auf Ölskizzen fest – die Morgendämmerung der Freiluftmalerei.
Begrenzter Andrang auf die Villa Massimo
Nach der Jahrhundertmitte ist die zweite Tageshälfte dran. Max Klinger und Oswald Achenbach tauchen ihre Gemälde in mildes Nachmittagslicht oder kräftiges Abendrot. Als hätten sie den Untergang der römischen Sonne vorausgesehen: Zwar wird 1913 die Villa Massimo als Domizil für deutsche Kunst-Stipendiaten eröffnet, aber der Andrang hält sich in Grenzen.
Hintergrund
Lesen Sie hier eine Rezension der Ausstellung "Viaggio in Italia - Künstler auf Reisen 1770 - 1880" in der Staatlichen Kunsthalle, Karlsruhe.
Rom als ewiger Sehnsuchtsort für Künstler – das ist Geschichte. Allerdings eine sehr facettenreiche, die in der Kunsthalle plastisch aufbereitet wird: Konzise Texte führen in die jeweiligen Phasen ein, ausgesuchte Werke illustrieren sie anschaulich. Und wecken das Verlangen, Rom noch einmal mit eigenen Augen zu sehen, bevor die Stadt an Verkehrschaos und Misswirtschaft erstickt.