Johannes Naber

Als Rap-Freak ins Außenministerium

Johannes Naber; Foto: Zorro Film
«Der Albaner» mordet im Exil für den Brautpreis seiner Verlobten. Regisseur Johannes Naber über Gewalt unter Illegalen und Volkslieder über Emigration.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Albanien in den Mittelpunkt Ihres Films zu stellen?

 

Am Anfang stand die Überlegung, das Schicksal illegaler Einwanderer in Deutschland zu zeigen. Aus der Perspektive eines Illegalen gilt unsere offene, tolerante und liberale Gesellschaft, auf die wir so stolz sind, nicht für alle. Bald wurde mir klar, dass ich dafür auch erzählen muss, wo jemand her kommt und warum er von dort weg geht. Dann kam ich auf Albanien – ein Land in der Mitte Europas, dass für die meisten Leute ein weißer Fleck auf der Landkarte ist.

 

Man hat Klischees im Kopf: Mafia, Kriminelle, der Kosovo-Konflikt. Man weiß, dass vor 1990 dort Steinzeit-Stalinismus herrschte. Aber eigentlich weiß man nichts – weder, wie es dort aussieht, noch, was Albaner bewegt. Deshalb bin ich hin gefahren. Dort wurde mir deutlich, dass der geplante Film ein zweites Thema haben wird: das Schicksal dieses Landes zumindest erahnbar zu machen.

 

Wo Touristen nicht hinkommen

 

Der Film spielt nur kurz in Albanien und die meiste Zeit in Deutschland. Der Auslöser ist recht melodramatisch: Der Held muss einen Brautpreis aufbringen und will dafür rasch zu Geld kommen.

 

Ich habe bewusst eine melodramatische Ausgangssituation gewählt. Allerdings verändert sie sich stark: Am Anfang ist die Hauptfigur ein naiver junger Mann, der die Welt in Schwarz und Weiß aufteilt und sicher ist, auf der richtigen Seite zu stehen. Das ändert sich vollkommen. Mit dem melodramatischen Anfang will ich die Zuschauer auf eine Reise schicken. Der Film beginnt an Touristen-Schauplätzen, um dann in Gegenden abzuschweifen, wo Touristen normalerweise nicht hinkommen.

 

 

Audio-Interview mit Johannes Naber

 

Zwang der Verhältnisse

 

Nach einem Tellerwäscher-Job steigt der Held in eine Schlepperbande ein, wo viel Geld gemacht wird. Die tödlichen Regeln des Geschäfts lernt er schnell – er beraubt seinen Boss und bringt ihn um. Ist dieser rasche Gesinnungswandel nicht Kino-Konventionen geschuldet?

 

So schnell geht die Entwicklung nicht – sie führt über viele Stationen. Der Held scheitert mit seinem Versuch, auf redliche Weise Geld zu verdienen. Er wird von der Ignoranz, mit der ihm die deutsche Gesellschaft begegnet, an einen Punkt getrieben, an dem er zuschlägt.

 

Einwanderer kommen nicht mit dem festen Vorsatz hierher, kriminell zu werden, sondern sie werden von den hiesigen Verhältnissen dazu getrieben. Mir wurde oft vorgeworfen, dass ich Klischees über Albaner bediene, indem ich den Held moralisch Verwerfliches tun lasse. Doch entscheidend ist, dass er es nicht tut, weil er Albaner ist, sondern weil ihn die Verhältnisse dazu zwingen.