Freie Liebe ist im Iran ein gefährlicher Spaß: Sex zwischen Unverheirateten wird mit 100 Peitschenhieben bestraft, Ehebruch mit Steinigung. Aber es gibt einen legalen Ausweg: die Ehe auf Zeit. Sie kann von einer Stunde bis 99 Jahren dauern. Jeder darf sie eingehen, auch Verheiratete, und zwei Bedingungen müssen erfüllt sein: Die Partner einigen sich auf Laufzeit und Brautpreis.
Info
Im Bazar der Geschlechter
Regie: Subadeh Mortezai, 84 min., Österreich/ Deutschland 2009;
mit: Mohsen Mahmudi, Reza Eskandari, Mehri Ramezani
Geduldig begleitet Mortezai ihre Hauptfiguren: einen jungen Mullah, der wortgewaltig die segensreiche Wirkung der Zeitehe und die Weisheit des Koran preist – aber seine Kleriker-Kluft ablegt, bevor er schick Essen geht. Ein eingefleischter Junggeselle, der schon einige Zeitehen hinter sich hat – aber als Single keine Wohnung mieten kann. Gern schaut er bei seiner letzten Flamme vorbei, die ihn bewirtet und weiter verkuppeln will – und hernach über ihre Einsamkeit klagt.
Offizieller Filmtrailer, OmU
Andere Ex-Zeitehegattinnen klagen über Männer, die gewalttätig wurden und keinen Unterhalt für ihre Kinder zahlen. Oder klatschen über einen Richter, der Beischlaf als Bezahlung fordert, bevor er eine Scheidung vollzieht. Dabei suchen alle unverdrossen weiter nach dem Liebesglück. Orakelt und geweissagt wird überall: in der Frauenrunde aus dem Kaffeesatz, in der Moschee durch den erstbesten Geistlichen oder im Büro des Großayatollahs, der Ratsuchende am Telefon mit kurzen Sinnsprüchen abfertigt.
Affäre mit heimlicher Geliebten
So entsteht das fesselnde Sittenbild einer Sexualmoral voller Schlupflöcher. Die nutzen alle aus, um ihren Schnitt zu machen: von Notar-Gebühren über Brautgeld bis zu Lebensunterhalt. Dass die Zeitehe vor allem eine Finanz-Affäre ist, wird überdeutlich. Doch von legalisierter Prostitution zu sprechen, ginge zu weit – zumindest in dem Mittelstands-Milieu, in dem Mortezai recherchiert.
Hintergrund
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