
Empört Euch! Bürgerwut steht im Heimatland der Revolution von 1789 gleichsam unter Artenschutz. Auch wenn die Monarchie längst Geschichte ist und in der liberalisierten Weltwirtschaft niemand genau weiß, welche Profite enteignet und Ausbeuter geköpft werden sollen: Wer seine Rechte lautstark einfordert, darf in Frankreich auf die Sympathie der schweigenden Mehrheit zählen.
Info
Mein Stück vom Kuchen
Regie: Cédric Klapisch, 109 min., Frankreich 2011;
mit: Karin Viard, Gilles Lellouche, Raphaële Godin
Wer hätte nicht Mitleid mit France? Die Mutter von drei Kindern hat ihren Arbeitsplatz verloren, weil Finanzjongleure eine Fabrik in Dünkirchen stillgelegt haben. Nun verdingt sie sich in Paris als Putzhilfe. Bei Steve, einem Börsenhai wie aus dem kommunistischen Bilderbuch: Er scheffelt Millionen, verführt das Model Tessa mit teuren Geschenken, vernachlässigt seinen unehelichen Sohn Alban – und vergeht vor Einsamkeit in seinem schicken Luxus-Loft.
Offizieller Film-Trailer
France hat ein Ohr für seine Sorgen und macht sich unentbehrlich. Zu ihrem Vorteil: Als Kindermädchen für Alban zieht sie Steve das Geld aus der Tasche und verwöhnt damit ihre Familie in Nordfrankreich. Ihre Fürsorge reicht so weit, dass sie mit ihrem Boss ins Bett geht – bis Steve preisgibt, wie er als skrupelloser Spekulant ihren Ex-Arbeitgeber «platt gemacht» hat.
Leichtfüßiges Klassenkampf-Lustspiel
Kein Fraternisieren mit dem Klassenfeind mehr: Aus Rache wird France zur Kidnapperin. Sie entführt Alban, damit sein Vater nach Dünkirchen fährt und selbst das Deindustrialisierungs-Desaster sieht, dass er angerichtet hat. Für den Anzugträger wird es ein Ausflug in die Höhle des Löwen voller Wutbürger.
Hedge-Fonds trifft auf Hartz IV: Regisseur Cédric Klapisch gelingt das Kunststück, aus den Klassengegensätzen im Turbokapitalismus ein leichtfüßiges Lustspiel zu stricken, das keinen Augenblick lang moralinsauer belehrt. Für eine gestandene Frau wie France ist eigentlich kein Platz in Steves chromblitzender Sphäre aus Börsenkursen, Boni und Statussymbolen.
Lachen als Balsam bei Job-Angst
Hintergrund
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.
Der Showdown vor geschlossenen Fabriktoren wirkt natürlich so konstruiert wie die ganze Aschenputtel-umgarnt-Aktienhändler-Story. Trotzdem tröstlich, dass in einer Welt anonymer Märkte der Sündenbock ein Gesicht hat und es den Richtigen trifft: Befreiendes Lachen als Balsam für alle, die um ihren Arbeitsplatz fürchten.