Michael Glawogger

Whores‘ Glory – Ein Triptychon

Laszives Räkeln im Neonlicht des Vergnügungs-Viertels von Bangkok; Foto: Delphi Filmverleih
(Kinostart: 29.9.) Huren aller Länder, vereinigt Euch: zu einer Doku über Prostitution in Thailand, Bangladesch und Mexiko. Tiefe Einblicke in das Gewerbe bleiben rar; der Film verweilt ausdauernd bei Ritualen des Vor- und Nachspiels.

Kein Blick durchs Schlüsselloch: Diese Prostituierten gehen ihrem ältesten Gewerbe der Welt in aller Öffentlichkeit nach. In Vergnügungs-Vierteln, die in Bangkok „Soi Cowboy“, in Bangladesh „Stadt der Freuden“ und Mexiko „Zone der Toleranz“ heißen. Mit eigener Infrastruktur und Dienstleistern: Imbiss-Verkäufern, Friseuren, Schönheits-Salons und natürlich den unvermeidlichen Zuhältern und Kupplerinnen.

Info

Whores' Glory - Ein Triptychon

 

Regie: Michael Glawogger, 118 min., Österreich/ Deutschland 2011

 

Offizielle Website

Abseitige Arbeitswelten dokumentiert der österreichische Regisseur Michael Glawogger gern. „Workingman’s Death“ von 2005 wurde zu Recht mit dem Deutschen sowie dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet. Atemberaubende Bilder zeigen, wie Menschen unter unfassbaren Umständen ihren Lebensunterhalt verdienen:

 

Kumpel in der Ukraine, die Kohle-Krümel aus stillgelegten Bergwerken herauskratzen. Indonesier, die an Vulkan-Kratern Schwefel-Brocken aufsammeln. Nigerianer, die auf dem Schlachthof von Lagos durch Sümpfe aus Blut und Eingeweiden waten. Pakistanis, die alte Öltanker mit Schweißgeräten in Handarbeit abwracken.

 

Drive-in-Bordell

 

Das Stil-Prinzip harter Kontraste bemüht Glawogger auch in „Whores’ Glory“. Thai-Mädchen posieren hinter Glas im „Fish Tank“, bis ein Freier ihre Nummer aufrufen lässt. Die „Stadt der Freuden“ ähnelt Katakomben; Bewohnerinnen des schlüpfrigen Gänge-Gewirrs stürzen sich schreiend auf potentielle Kunden. Die „Toleranz-Zone“ ist ein Drive-in-Bordell, in dem am Autofenster die Schäferstündchen zu plärrenden Salsa-Klängen eingefädelt werden.

 

Offizieller Video-Trailer

 


 

Doch der Film verfehlt die Sache selbst. Da er aus nahe liegenden Gründen die eigentliche Arbeit nicht zeigen kann, verweilt die Kamera ermüdend lange beim Vor- und Nachspiel. Wie Huren ihre verbrauchten Körper ständig mit billigem Make-Up auftakeln. Wie sie Freier mit stets derselben abgeschmackten Anmache locken. Wie Frauen mit ihren Liebeskünsten, Männer mit Potenzgeprotze prahlen. Wie schon während des Beischlafs ernüchternd um Zulagen und Trinkgeld gefeilscht wird.

Hintergrund

Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.

Minderjährige für einen Euro

 

Hinter schalem Maskenspiel und eingefahrenen Geschlechterrollen kommen nur selten Individuen zum Vorschein. Zwei Thai-Girls klagen über ihre festen Liebhaber: Die wollten mehrmals täglich Sex, ohne dafür zu zahlen – da gingen sie besser auf den Strich. Ein Bangladeschi bekennt, dauernd an seinen täglichen Bordell-Besuch zu denken: „Gäbe es keine Nutten, würden die Männer vor Geilheit anständige Frauen auf der Straße zerfetzen.“ Er darf für umgerechnet einen Euro die nächstbeste Minderjährige besteigen.

 

Solche Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelt der namenlosen Protagonisten bleiben rar. Meist werden banale Impressionen aus dem Rotlicht-Milieu mit geschmäcklerischer Musik zu bedeutungsschwangeren Szenen aufgeplustert – die folgenlos verpuffen. „Was macht Sex mit zwei Menschen? Was tut das mit ihrer Psyche und ihren Emotionen? Diese Fragen haben mich am meisten interessiert“, versichert Glawogger. Ihrer Beantwortung kommt sein Film keine Sekunde lang näher.