Mohammad Rasoulof

Filme im Gefängnis machen

Leyla Zareh als Nura in «Good bye» von Mohammad Rasoulof. Foto: Fortissimo Films
Als Freund und Kollege des zeitweise inhaftierten Regisseurs Jafar Panahi hat Rasoulof Probleme mit der Justiz: Er wurde 2010 im Iran zu sechs Jahren Haft verurteilt. Dennoch gelang es ihm, seinen Film «Good bye» in Berlin zu zeigen. Ein Gespräch.

Einfach weiter Filme machen

 

Sie sprechen von der De-facto-Verbreitung des Films. Wie sieht es mit den rechtlichen Aspekten aus?

 

Wenn man im Iran Filme ohne Genehmigung vorführt, kann das rechtliche Konsequenzen haben. Dass «Good Bye» in meiner Heimat derzeit nicht gezeigt werden kann, kümmert mich wenig; ich mache einfach weiter meine Filme.

 

Könnte die Verbreitung dieses Films Einfluss auf das schwebende Justiz-Verfahren haben, in das Sie derzeit verwickelt sind?

 

Wenn ich stets das Schlimmste befürchtete, würde mich das lähmen, und ich könnte meine Tätigkeit nicht fortsetzen. Ich versuche, mich auf meine Arbeit als Filmemacher zu konzentrieren.

Mohammad Rasoulof

 

Problem wie überall auf der Welt

 

«Good Bye» wirkt auf westliche Betrachter nicht apolitisch: Das gegenwärtige Teheran erweckt den Anschein, als herrsche dort ein totalitäres Regime. Könnte diese Darstellung die Behörden zusätzlich provozieren?

 

 

Audio-Auszug des Interviews auf Farsi

Das glaube ich kaum. Ich will mit meinem Film keine politische Aussage abgeben, sondern das Leben um mich herum darstellen. Mein Film ist nicht politisch zu verstehen.

 

Die Szenen der Hausdurchsuchung erinnern deutsche Zuschauer zwangsläufig an die Gestapo oder Stasi.

 

Der Film behandelt ein allgemein menschliches Problem, wie es überall auf der Welt auftreten kann. Die Handlung ist nicht an einem konkreten Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt angesiedelt.

 

Verurteilung aus der Presse erfahren

Hintergrund

Lesen Sie hier einen Bericht von Spiegel Online über Rasoulofs Auftritt in Cannes

 

und hier einen Beitrag im Hamburger Abendblatt über seine Teilnahme am Filmfest Hamburg

 

und hier eine Besprechung des Berlinale-Gewinners 2011 "Nader und Simin - eine Trennung" von Ashgar Farhadi.

 

Sprechen wir von Ihrer Person: Sie wurden im März 2010 verhaftet und im Sommer gegen Kaution freigelassen. Im Dezember wurden Sie in einem Prozess in erster Instanz verurteilt. Wie ist Ihre aktuelle rechtliche Lage?

 

Im Dezember 2010 hat mich das Gericht zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die zweite Instanz hat einen Anklagepunkt fallen gelassen und das Strafmaß auf ein Jahr Gefängnis reduziert. Davon habe ich erst im vergangenen Monat aus der Presse erfahren, da gegen mich in Abwesenheit verhandelt wurde. Nun warte ich darauf, dass dieses Urteil vollstreckt wird.

 

Drehbuch im Kopf

 

Wollen Sie nicht weiter auf dem Rechtsweg gegen Ihre Verurteilung vorgehen?

 

Wohin soll ich mich wenden, um dagegen Berufung einzulegen? Im Iran muss man seine Gefängnisstrafe erst antreten, bevor man eine Revision beantragen kann. Das habe ich aber nicht vor. Filme kann man auch im Gefängnis machen, selbst wenn man weder Papier noch Bleistift zur Verfügung hat. Das Drehbuch zu «Good Bye» ist zum großen Teil in meinem Kopf entstanden, während ich inhaftiert war.