Berlin

My Paris – Collection Antoine de Galbert

Kraftvoll zubeißen mit Maiskörnern - Natacha Lesueur: Ohne Titel, 1998; Farbfotografie. Foto: © VG Bild-Kunst, Bonn 2011
Ein Groß-Sammler aus Frankreich zu Gast beim Berliner Kollegen: Antoine de Galbert zeigt seine Kollektion im «me Collectors Room». Sinnlich, drastisch und an der Grenze des guten Geschmacks – starke Eindrücke sind garantiert.

Der Prophet gilt wenig im eigenen Land: Als Thomas Olbricht im vergangenen Jahr seinen «me Collectors Room» eröffnete, wurde er von der Presse etwas ungnädig empfangen. Sie nimmt zwar murrend hin, wenn sich Kunstsammler ein Denkmal setzen, indem sie ihre Kollektion öffentlichen Institutionen überlassen und ihnen die Folgekosten aufbürden. Aber dass ein Privatmann auf der Galerien-Meile Auguststraße sein eigenes Museum errichtet und dort ein schillerndes Panoptikum zeigt, ließ manche Kritiker pikiert die Nase rümpfen.

 

Info

My Paris – Collection
Antoine de Galbert

 

01.10.2011 - 08.01.2012
täglich außer montags von 12 bis 18 Uhr im "me Collectors Room", Auguststraße 68, Berlin.

 

Katalog 24,90 €

 

Weitere Informationen

Davon lässt sich Olbricht nicht beirren. Er kooperiert mit anderen Sammlern und inszeniert gemeinsame Schau-Auftritte, wie etwa im Sommer mit Harald Falckenberg in den Hamburger Deichtorhallen. Nach dem Motto: Was bedeutende Museen mit ihrem Leihverkehr und Ausstellungs-Events praktizieren, können wir genauso gut.

 

Ethnografica in der Wunderkammer

 

Nun ist Antoine de Galbert an der Reihe. Der Nachkomme eines alten Adelsgeschlechts besitzt eine der umfangreichsten privaten Kunstsammlungen in Frankreich mit mehr als 2000 Werken. Seit 2004 veranstaltet er jährlich bis zu sechs Ausstellungen in seiner Pariser Kunsthalle «La Maison Rouge» – im etatistischen Frankreich eine außergewöhnliche Einrichtung. In diesem Herbst gastiert dort Thomas Olbricht mit seinen Schätzen.

 

Währenddessen zeigt de Galbert Teile seiner Kollektion in Olbrichts Domizil: Rund 60 Werke von 40 zeitgenössischen Künstlern, die meist in Frankreich leben und arbeiten. Die subjektive Auswahl wird ergänzt durch Ethnografica: Schädel, Fetische und andere Kult-Objekte aus Afrika und Ozeanien. Sie passen perfekt zu Olbrichts «Wunderkammer» im Obergeschoss, in der Memento-mori- und Vanitas-Motive seit dem Barock zu sehen sind.

 

Künstler mit Herkunfts-Gütesiegel

 

Beide Sammler verbindet ihre Leidenschaft für sinnliche und drastische Darstellungen; theorielastige Konzept-Konstrukte sagen ihnen nicht zu. «Très incarné», also sehr materiell-konkret, seien Arbeiten, die sein Interesse weckten, bekennt de Galbert. Dabei scheren ihn die Kapriolen des Kunstbetriebs wenig: Mal kauft er berühmte Namen, mal unbekannte Künstler und fördert sie dadurch – die Aufnahme in seine Kollektion wertet sie auf.

 

Der gezeigte Querschnitt ist eine bunte Mischung: Fast alle Medien sind vertreten, von der kleinformatigen Zeichnung und Fotografie bis zur Raum füllenden Installation. Geschaffen vom «Artiste français» mit «appellation d’origine contrôlée», dem Gütesiegel geprüfter Herkunft für Lebensmittel, wie der Belgier Ernest T. auf seinem Druck augenzwinkernd versichert.

 

Hyäne mit Goldzähnen

 

Was keinen behaglich-kulinarischen Genuss garantiert. Daneben hängt die Installation «France (burnt/ unburnt)» des Künstler-Kollektivs Claire Fontaine: Frankreichs Fläche en miniature, aus 70.000 Streichhölzern zusammen gesetzt. Ein Funke genügte, um die «grande nation» in Flammen aufgehen zu lassen. Schräg gegenüber ist das Malheur schon passiert: «Au bout du souffle» von Stéphane Thidet besteht aus zersplitterten Glasscheiben in Stahlrahmen.

 

Dazwischen steht eine ausgestopfte Hyäne, der Nicolas Milhé Goldkronen in den Kiefer implantiert hat. Das Bestiarium des Kapitalismus bereichert Damien Deroubaix, von dem jüngst in Karlsruhe nachtschwarze Bleistift-Zeichnungen zu sehen waren, mit seiner Installation «Control»: Lebensgroße Haie aus Kunstharz kreisen im Raum.