Mike Hiller (Jacob Matschenz) würde gern aus der Plattenbau-Langeweile ausbrechen. Da taucht der Geschäftemacher Konrad Böhm (Bernhard Schütz) auf. Der arrogante Ex-Liebhaber seiner Mutter Elke (Jenny Schily) und vermeintliche Freund seines verstorbenen Vaters Rolf lockt den jungen Mann mit einem gut bezahlten Job. Das sei er Elke nach dem ungeklärten Tod von Rolf schuldig, sagt er.
Info
Das System – Alles verstehen heißt alles verzeihen
Regie: Marc Bauder, 85 min., Deutschland 2011;
mit: Jacob Matschenz, Bernhard Schütz, Jenny Schily
Anspielung auf Ostsee-Gas
Der Plot spielt offenkundig auf die North-Stream-Pipeline an: Die umstrittene Unterwasser-Leitung befördert seit November 2011 russisches Erdgas durch die Ostsee nach Greifswald – von dort wird der Energie-Träger über Land nach Niedersachsen und Brandenburg weitergepumpt.
Offizieller Film-Trailer
Altkanzler Schröder als Gazprom-Lobbyist
Mehrheits-Eigentümer der Pipeline ist der russische Staats-Konzern «Gazprom», für den Gerhard Schröder als Lobbyist arbeitet. Der Altkanzler erscheint im Film auf der TV-Mattscheibe, während Konrads Genossen über ihre Betrügereien plaudern.
Mike genießt den Geldsegen, aber traut seinem gerissenen Lehrmeister nicht. Zufällig erfährt er von dessen Stasi-Vergangenheit. Das stürzt ihn in einen Gewissenkonflikt, denn Konrad ist bereits eine Art Ersatzvater für Mike geworden.
Liebhaber, Kumpel und Stasi-Kollege
Nachwuchs-Regisseur Marc Bauder verquirlt seinen Wirtschafts-Krimi um eine Seilschaft aus Ex-Stasi-Spitzeln mit dem Drama um eine komplizierte Patchwork-Familie. Elke ist trockene Alkoholikerin und Bistro-Bedienung, Mike jung und amüsierfreudig. Dadurch fällt es Konrad leicht, ihn zu verführen.
Hintergrund
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.
Lesen Sie hier eine Besprechung des Dokumentarfilms "Der Fall Chodorkowski" über den inhaftierten Öl-Magnaten
und hier ein Interview mit Regisseur Cyril Tuschi über die Verflechtung von Macht und Kommerz in Russland.
Fehler im System
Mutig rückt Regisseur Bauder in seinem Debütfilm die Machenschaften von schlitzohrigen Glücksrittern und ihre menschlichen Schwächen ins Blickfeld; Hauptdarsteller Bernhard Schütz überzeugt als verletzlicher Fiesling.
Doch der Fehler im «System» liegt in einer überladenen Konstruktion der Handlung: Als wären Wirtschafts-Krimi samt Familien-Drama nicht genug, werden auch noch Stasi-Altlasten aufgearbeitet. Im verwirrenden Genre-Mix geht das interessanteste Sujet unter: die Verführungskraft von Macht und Reichtum.