Jan Schmidt-Garre

Der atmende Gott – Reise zum Ursprung des modernen Yoga

Historische Aufnahme: Yoga-Vorführungen am Hofe der Königsfamilie von Mysore. Foto: © MFA+ Filmdistribution/ Jan Schmidt-Garre
(Kinostart: 5.1.) Woher kommen die Yoga-Übungen? Regisseur Schmidt-Garre spricht an der Wirkungsstätte eines Meisters mit dessen Schülern: Historische Film-Szenen mit klassischer Musik machen den kulturellen Abstand bewusst.

Von der Welt-Anschauung zur Körper-Gymnastik und wieder zurück: «Yoga» ist ein Jahrtausende alter Begriff aus dem indischen Sanskrit, der vieles umfasst. Wörtlich bedeutet er «Anspannen» im doppelten Sinne: Körper-Anspannung wie das Ins-Joch-Spannen von Zugtieren vor ein Gefährt. Im übertragenen Sinne ist damit die Sammlung und Konzentration von Leib und Seele zum Einswerden mit Gott gemeint.

Info

Der atmende Gott – Reise zum Ursprung des modernen Yoga

 

Regie: Jan Schmidt-Garre, 105 min., Deutschland/ Indien 2011;
mit: Patthabi Jois, B.K.S Iyengar, T.K. Shribashyam

 

Website zum Film


In dieser Bedeutung steht Yoga für eine der sechs Schulen («Darshanas») der klassischen indischen Philosophie. In ihr sollen bestimmte Leibesübungen und -haltungen («Asanas») die Körperkräfte so weit mobilisieren, dass der Yogi beschwerdefrei im Meditationssitz verweilen kann. Später erkannte man die Heilwirkung der Asanas; sie wurden mit Reinigungstechniken, Atemübungen und Meditation im so genannten «Hatha Yoga» zusammengefasst.

 

Drei Millionen deutsche Yogis

 

Dieses System wurde im Westen erst im Laufe des 20. Jahrhunderts bekannt. Dort wurde es in den letzten Jahrzehnten rasch populär: Heutzutage sollen allein drei Millionen Menschen in Deutschland, davon vier Fünftel Frauen, regelmäßig Yoga praktizieren.


Offizieller Film-Trailer


 

Yoga-Vater Sri Tirumalai Krishnamacharya

 

Alle Yogis und Yoginis fühlen sich einer der zahlreichen Schulen verbunden, die in Indien ihren Ursprung hatten. Einer der Väter des modernen Yoga war Sri Tirumalai Krishnamacharya (1890-1989): Er lehrte eine Yoga-Variante mit vorwiegend auf den Körper bezogener Praxis. Früher wurde sie auch als akrobatische Körperkunst ausgeübt, die jedoch kaum dokumentiert ist.

 

Regisseur Jan Schmidt-Garre hat bislang vor allem Dokumentarfilme über Themen der klassischen Musik und Oper gedreht. Sein neuer Film ist Yoga gewidmet: Damit bringt ihn seine Frau in Berührung, die südindischen Yoga bei Patthabi Jois praktiziert.

 

Ohrfeigen für unkonzentrierte Schüler

 

Schmidt-Garre fragt nach dem historischen Ursprung von Übungen und Haltungen: Er will wissen, ob es den «wahren Yoga» überhaupt gibt. Seine persönliche Reise als Filme-Macher und Yoga-Aspirant führt ihn an die Wirkungsstätte von T. Krishnamacharya. Dort trifft er dessen Schüler Patthabi Jois, der während der Dreharbeiten verstarb, sowie B.K.S Iyengar und T.K. Shribashyam.

 

In Interviews geben sie Auskunft über Herkunft und Essenz ihrer Version des Hatha Yogas und erzählen von der Lehrzeit bei ihrem strengen Guru. Krishnamacharya verlangte seinen Schülern äußerste Konzentration ab. Ließen sie es daran fehlen, schlug er sie mit seiner stählernen Hand; von seinen Ohrfeigen musste man sich drei Tage lang erholen.

 

Atemtechnik und Konzentration

 

Der Meister veränderte sein rigides System im Lauf der Zeit: Er kehrte zu den Ursprüngen der Yoga-Texte zurück, deren Schwerpunkt auf der Verbindung von Kontrolle des Körpers mit der des Geistes lag. Das haben seine Schüler in unterschiedlichen Stilrichtungen fortentwickelt. In allen kann jedes Asana eine einfache gymnastische Übung sein. Sie wird aber erst durch die richtige Atemtechnik und hohe Konzentration zum wahren Yoga.