
Liebe in den Zeiten des Bürgerkriegs: Zärtlich umschlungen tanzen der bosnische Serbe Danijel (Goran Kostić) und die muslimische Bosniakin Ajla (Zana Marjanović) in einem Lokal der bosnischen Hauptstadt Sarajevo. Plötzlich geht eine Bombe hoch – alles versinkt in Rauchschwaden und Trümmern.
Info
In the Land of Blood and Honey
Regie: Angelina Jolie, USA 2011, 127 min.;
mit: Zana Marjanović, Goran Kostić, Rade Šerbedžija
Kommandant auf Befehl von Papa
Wie es der Zufall will, untersteht das Lager dem Befehl von Danijel. Widerstrebend kommandiert er eine serbische Einheit; dazu nötigt ihn sein national-chauvinistischer Vater, General Nebojša Vukojević (Rade Šerbedžija). Danijel nimmt die Dame seines Herzens in Schutz und ermöglicht ihr die Flucht aus dem Gefangenen-Lager.
Offizieller Film-Trailer
Vergewaltigung und sonstiger Missbrauch
Ajla schließt sich einer muslimischen Freischärler-Gruppe an. Die schleust sie ins Lager zurück, um Danijels Zuneigung auszunutzen und die Strategie der Feinde auszuspionieren. Als der Hauptmann erkennen muss, dass seine Geliebte ihn verraten hat, ist das blutige Finale unausweichlich.
Diese Liebesgeschichte von Romeo und Julia auf dem Balkan hat Angelina Jolie erdacht und umgesetzt. Sie schrieb das Drehbuch und debütiert als Regisseurin – offenbar eine Herzens-Angelegenheit für die Sonder-Botschafterin des UN-Flüchtlingshilfswerks, die seit Jahren Foto-Termine mit Vertriebenen absolviert. Ihr Augenmerk gilt dem Leid bosnischer Frauen: Schonungslos zeigt sie Vergewaltigungen und sonstigen Missbrauch – etwa als menschliche Schutz-Schilde bei Feuer-Gefechten.
US-Produktion zum Schnäppchen-Preis
Doch Menschen-Liebe macht kurzsichtig: Den wechselhaften Konflikt-Verlauf mit – inklusive bosnischer Kroaten – drei ineinander verbissenen Kriegs-Parteien reduziert Jolie auf ein simples Gut-Böse-Schema. Danijel ist der empfindsame Einäugige unter lauter Blinden: Schießwütige Serben schwelgen in sadistischen Gräueltaten. Warum die apolitische Malerin Ajla ihre ethnische Loyalität über ihr privates Wohl stellt, bleibt jedoch unerfindlich.
Eindimensionale Figuren beharken einander mit hölzernen Dialogen, während Radio-Sprecher im Off die Gefechts-Lage verlautbaren: Ihr Skript hätte die Amateur-Filmerin besser Profis anvertraut. Mit 13 Millionen Dollar Kosten ist der Film für US-Verhältnisse ein Schnäppchen, aber er sieht auch nach Low-Budget-Produktion aus: Grobkörnige Innen-Aufnahmen wechseln mit wirren Action-Szenen. Wer die Geschichte des Krieges und des anschließenden kalten Friedens nicht kennt, wird sie hieraus nicht erfahren.
Oscar 2002 für «No Man’s Land»
Hintergrund
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.
Lesen Sie hier eine Besprechung des Films "Cirkus Columbia" von Danis Tanović über den Beginn des Bosnien-Kriegs
und hier einen Bericht über die Ausstellung "donumenta 2011" in Regensburg mit aktueller Kunst aus Serbien
und hier eine Kritik des serbischen Films "Belgrad Radio Taxi" von Srdjan Koljevic
und hier einen kultiversum-Beitrag über den bosnischen Film "Na putu - Zwischen uns das Paradies" von Jasmila Žbanić.
Für «No Man’s Land» erhielt Danis Tanović 2002 den Auslands-Oscar: Der bosnische Regisseur inszenierte ein makabres Kammerspiel zwischen drei Soldaten im Schützengraben. Das Vorspiel dazu lieferte Tanović jüngst nach: In «Cirkus Columbia» kollabiert das labile Gleichgewicht zwischen den Volksgruppen in Bosnien vor dem Kriegs-Ausbruch. Die Tragikomödie lief im Herbst 2011 in deutschen Kinos.
Papierne Humanitäts-Propaganda
Auf die Opfer der Zivil-Bevölkerung konzentriert sich Jasmila Žbanić. Sie gewann die Berlinale 2006 mit «Grbavica – Esmas Geheimnis»: das Porträt von Mutter und Tochter, die ein Vergewaltiger gezeugt hatte. «Na Putu – Zwischen uns das Paradies» (2010) handelt von einem Paar erwachsener Kriegswaisen. Als sich der Mann islamistischen Sektierern anschließt, verliert er seine Liebe.
Überdies befasste sich Hans-Christian Schmidt in «Sturm» (2009) mit dem Internationalen Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag: Dessen Lavieren zwischen Strafverfolgung und politischen Rücksichten verdichtete der deutsche Filmemacher zum packenden Justiz-Thriller. Jeder dieser Filme zeigt nur eine Teil-Wirklichkeit der Kämpfe und ihrer Folgen, doch diese authentisch. Dagegen verbreitet UNHCR-Botschafterin Jolie papierne Humanitäts-Propaganda.