Potsdam

Traumfabrik – 100 Jahre Film in Babelsberg

Das menschliche Antlitz der DDR: Requisiten vom Set der DEFA-Produktion "Die Legende von Paul und Paula". Foto: K. Barkmann / Filmmuseum Potsdam
Babelsberg hätte Europas Hollywood werden können – das verhinderten die Brüche des 20. Jahrhunderts. Dennoch haben die größten Studios des Kontinents Kino-Geschichte geschrieben, wie die neue Dauerausstellung im Filmmuseum zeigt.

Von der Ausgangs-Idee bis zum Kino-Start: In sieben Themen-Arealen zeichnet die Ausstellung nach, wie in der «Traumfabrik» der Studios Babelsberg Filme entstehen. Am Beispiel von 20 ausgewählten Film-Klassikern und zeitgenössischen Blockbustern: von der allerersten Produktion «Der Totentanz» mit Asta Nielsen 1912 über NS-Propagandawerken wie «Jud Süß», frühe DEFA-Filme wie «Die Mörder sind unter uns» bis zu Kassenschlagern aus jüngster Zeit wie Quentin Tarantinos «Inglorious Basterds».

 

Info

Traumfabrik – 100 Jahre Film in Babelsberg

 

ab 03.11.2011
täglich außer montags 10 bis 18 Uhr im Filmmuseum, Breite Straße 1 A, Potsdam

 

Weitere Informationen

Oft ist die Rezeptions-Geschichte solcher Filme interessanter als die ihrer Produktion: Damit taucht man nicht nur in die Historie des Kinos an sich ein, sondern zugleich in die spezifischen Brüche und Zäsuren, die Babelsberg geprägt haben.

 

DEFA-Filme bis 1993

 

Zweimal kam die Produktion fast vollständig zum Erliegen, weil die Studios in den Strudel politischer Umwälzungen gerieten. Natürlich 1945, als die UFA den Betrieb einstellen musste, nachdem sie fast bis Kriegs-Ende gedreht und produziert hatte. Und nach dem Ende der DDR, als ihre staatliche Film-Gesellschaft DEFA abgewickelt wurde – die letzten Filme unter diesem Label entstanden 1993.

 

Die Entwicklung der Babelsberger Studios in der DDR-Zeit ist ein Schwerpunkt der Ausstellung, weil sie außerhalb von Ostdeutschland heute weitgehend unbekannt ist. Namen von und Produktionen mit DEFA-Stars wie Angelika Domröse, Katrin Saß oder Jörg Schüttauf tauchen an prominenter Stelle auf.

 

Exodus in der NS-Zeit

 

Die wesentlichen historischen Einschnitte werden ausgiebig dokumentiert. Man fragt sich alsbald, ob Babelsberg nicht die überragende Stellung des heutigen Hollywood hätte erreichen können, wäre den Studios im Lauf der Jahrzehnte ein ununterbrochener Aufstieg vergönnt gewesen. Besonders der künstlerische Exodus nach der NS-Machtübernahme verhinderte, dass Babelsberg zum Mythos wurde. Nach jedem Bruch mussten sich die Studios neu erfinden – so verloren sie den Anschluss zum US-Konkurrenten.

 

Hintergrund

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und hier eine Besprechung der Ausstellung "Kino der Zukunft - Cinema of the Future" im Architekturforum Aedes, Berlin

Zugleich erklärt die Schau anschaulich die handwerkliche Seite der Film-Produktion. Dabei werden viele Memorabilia ausgebreitet: persönliche Glücksbringer früherer Star-Schauspieler, Fotos und Plakate, eine Mikrofon-Sammlung und gar ein Trickfilm-Märchenschloss – übervolle Vitrinen und Schaukästen laden zum Entdecken und Stöbern ein. Deutlich wird: Bevor der Film-Traum auf der Leinwand flimmert, gleicht der Set eher einer großen Fabrik.

 

Rundgang endet im Kino

 

Alle Bereiche der Film-Produktion werden ausführlich vorgestellt: von der Herstellung der Masken und Kostüme über den Bau von Kulissen und die eigentlichen Dreharbeiten bis hin zur Montage und Vertonung. Am Schluss landet man selbstverständlich im Kino: In einem kleinen Saal kann man auf Sesseln aus allen Epochen Film-Ausschnitte ansehen.

 

Damit gelingt es den Kuratoren, auf engstem Raum alle Aspekte des riesigen Studio-Geländes darzustellen. Am Ende des Rundgangs, der ein ganzes Jahrhundert durchläuft, schließt sich der Kreis: Heute genießen die Babelsberger Studios erneut internationales Renommee – als gut ausgelasteter Groß-Dienstleiter der Kino- und TV-Branche mit florierendem Geschäft.