Gary Oldman

Wie eine alte, weise Eule

Gary Oldman bei der Deutschland-Premiere des Films am 24. Januar in Berlin. Foto: Kinowelt
Als Top-Agent George Smiley im Spionage-Thriller «Dame, König, As, Spion» ist Gary Oldman für einen Oscar nominiert. Ein Gespräch über alltägliche Paranoia, gutes Aussehen ohne Worte und Nebenrollen für allein erziehende Väter.

Mr. Oldman, Sie galten lange als einer der bedeutendsten Schauspieler, die bislang noch nie für den Oscar als bester Hauptdarsteller nominiert wurden – warum?

 

Vielleicht, weil ich nie für mich geworben habe.

 

Worauf kommt es Ihrer Meinung nach bei den Oscars an?

 

Generell sind solche Auszeichnungen sehr schwierig. Ein Vergleich von «Dame, König, As, Spion» und «The Artist» fällt sehr schwer. Beide Filme bieten vollkommen unterschiedliche cineastische Erfahrungen. Sie treten in Konkurrenz zu «The Descendants» mit George Clooney in der Hauptrolle – wer will das vergleichen? Wir lieben es einfach, Preise zu verleihen.

 

MI6-Agenten lieben den Film

 

Wie haben Sie sich auf die Rolle des alternden Top-Spions George Smiley vorbereitet?

 

Ich habe den Roman gelesen. Mit dem Autor John le Carré habe ich nur ein einziges Mal gesprochen. Seine ganze Welt findet sich in seinem Buch. Es ist sehr nützlich, wenn man einen Autor hat, der Spion war. 

Info

Dame, König, As, Spion

 

Regie: Tomas Alfredson, 127 min., Großbritannien 2011;
mit: Gary Oldman, Colin Firth, Tom Hardy, John Hurt

 

Website zum Film

 

Hat Ihnen John le Carré im Gespräch Dinge anvertraut, die nicht in seinem Buch stehen?

 

Er hat nichts erzählt, was nicht auch im Buch zu finden wäre. Dafür erfuhr ich mehr über die Paranoia, mit der Spione leben müssen; in ständiger Furcht. Über Opfer, die sie bringen müssen. Darüber, wie wichtig es ist, immer verdeckt zu arbeiten und zugleich keinem erzählen zu dürfen, wer man wirklich ist. Ich könnte so nicht leben.

 

Wir haben den Film beim MI-6 gezeigt – und die Mitarbeiter im Auslands-Geheimdienst liebten ihn. Da war ein Typ, dessen Familie keine Ahnung hatte, was er eigentlich macht.


Offizieller Film-Trailer


 

Lieber Akte oder Safe als Cyberspace

 

Wieso sind Spionagefilme immer noch beliebt?

 

Wir mögen Geheimnisse und wollen wissen, wer stirbt. Dieses Genre wird es immer geben. Sherlock Holmes fasziniert uns.

 

Verändert moderne Technik das Leben heutiger Agenten?

 

Ich glaube, die Prämissen ihrer Lebensweise haben sich nicht verändert. Außerdem kehren die Leute zurück zur analogen Welt und machen Dinge auf eine altmodische Art und Weise. Das ist sicherer, weil jeder Computer gehacket werden kann. Sie bewahren Geheimnisse lieber in einer Akte oder in einem Safe auf als im Cyberspace.

 

Wir sind sehr paranoid

 

Le Carré betrachtet sein Buch als eine Metapher auf unsere heutige Welt. Bedeutet das nicht, dass wir alle ziemlich paranoid sind?

 

Wir sind sehr paranoid! Gerade in der Berufswelt sind wir Spione unter Spionen. Keiner traut dem anderen. Immer sieht jemand einem anderen über die Schulter. Dabei entdecken wir, wie gute Leute betrügen, Geld unterschlagen oder Steuern hinterziehen.

 

Gibt es Eigenschaften, die Schauspieler und Spione gemeinsam haben?

 

Ich glaube nicht – außer vielleicht die Beobachtungsgabe. Als Schauspieler sucht man eine Art von Wahrheit. In der Welt der Spione hat alles zwei Seiten. Das muss ein merkwürdiger Beruf sein. 

 

Nach Smiley dreht sich niemand um

 

Haben Sie eine Wahrheit gefunden?

 

Wahrscheinlich nicht. Man nähert sich Szene für Szene der Wahrheit an. Aber auch das hängt vom Material ab. Vieles ist Fantasie. Niemand benimmt sich wirklich so. Es ist ein Cartoon. 

 

Wenn Sie Ihren George Smiley mit dem berühmten Super-Agenten James Bond vergleichen – wer  ist als Spion authentischer?

 

Als Roger Moore die Hauptrolle in den Bond-Filmen übernommen hatte, bewegten sie sich immer weiter von dem weg, was Ian Fleming – der Autor der Vorlage – im Sinn hatte. Vielleicht ist der neue Hauptdarsteller Daniel Craig ein Bond, der sich Fleming annähert – als dunkler, vielschichtiger Charakter.

 

Obwohl ich gerne Bond-Filme sehe, habe ich sie nie wirklich verstanden. Das soll ein Spion sein, der sich jedem Gegenüber vorstellt!? Ein Typ, der im Anzug aus seinem Aston Martin steigt und von jedem als Spion erkannt wird? Smiley verschwindet. Auf der Straße würde sich niemand nach ihm umdrehen.