Berlin

Pacific Standard Time – Kunst in Los Angeles 1950 – 1980

Ed Ruscha: Standard Station, Amarillo, Texas, 1963; Öl auf Leinwand. Foto: MBG/ © Ed Ruscha
Kalifornien hat nach dem Zweiten Weltkrieg eine eigenständige Kunst-Landschaft hervorgebracht. Die beackert der Martin-Gropius-Bau in drei Teil-Ausstellungen: mit malerischen Fotos, wegweisenden Werken und kleinteiliger Dokumentation.

«California Dreamin’» säuselten The Mamas & the Papas 1965 und brachten damit die Sehnsüchte einer ganzen Epoche auf den Refrain. Seit dem Goldrausch von 1848 war Kalifornien das Ziel der westlichen Zivilisation: ein gesegnetes Land am Ende des Horizonts auf dem weiten Weg nach Westen. Hier scheint immer die Sonne und lässt Früchte in verschwenderischer Fülle reifen; sie macht das Dasein leicht und unbeschwert.

 

Info

Pacific Standard Time – Kunst in Los Angeles 1950 – 1980

 

15.03.2012 - 10.06.2012
täglich außer dienstags 10 bis 20 Uhr im Martin-Gropius-Bau, Niederkirchnerstr. 7, Berlin

 

Weitere Informationen

Nie war Kalifornien anziehender als in den 1950/60er Jahren. Während Europa noch in Trümmern lag und die Last der Vergangenheit mit brachialer Modernisierung abstreifen wollte, hatte die US-Westküste das längst erreicht. Vor allem in Los Angeles, das vom Zweiten Weltkrieg enorm profitierte: Dort siedelten sich die Zukunfts-Industrien Luft- und Raumfahrt-Technik an.

 

Achtgrößte Wirtschaftsmacht der Welt

 

Zwischen 1940 und 1970 verdoppelte sich die Einwohnerzahl von L.A. auf drei Millionen; Kalifornien stieg zur achtgrößten Wirtschaftsmacht der Welt auf. Wer das Lebensgefühl dieser Zeit nachempfinden will, sollte mit der dritten und kleinsten Abteilung dieser Triple-Ausstellung beginnen: Sie zeigt klassische Aufnahmen von Julius Shulman.


Interview mit Gropiusbau-Direktor Gereon Sievernich + Impressionen der Ausstellung


Schwarzweiße Träume für Luxus-Wesen

 

Shulman war Haus-Fotograf berühmter Architekten wie Frank Lloyd Wright, Richard Neutra oder Pierre Koenig und wurde zum Chronisten des «International Style» in kalifornischer Variante. Sonnenüberflutete Anwesen, die sich malerisch zwischen kargen Berghängen und schimmerndem Ozean ausbreiten. Kühne Konstruktionen aus Glas, Stahl und weiß getünchtem Beton, die Shulman raffiniert im Spiel von Licht und Schatten inszeniert. Ein schwarzweißer Traum für Luxus-Wesen: Selbst Reihenhaus-Siedlungen sehen wie Arkadien aus.

 

Mit der Getty-Villa in Malibu, die eklektisch ein antikes römisches Landhaus imitiert, als archimedischem Punkt dieses Lebens-Stils. Öl-Magnat J. Paul Getty hinterließ 1976 seinem Privat-Museum ein Milliarden-Erbe; der Getty Trust kaufte jahrelang den internationalen Kunstmarkt zu Fabelpreisen leer. Nun hat er die lokale Szene entdeckt und dokumentiert in «Pacific Standard Time» die «Kunst in Los Angeles 1950 – 1980».

 

Ewiges cruising auf endlosen highways

 

An dem Mega-Projekt beteiligten sich 2011 mehr als 60 Einrichtungen mit Einzel-Ausstellungen. Die beiden wichtigsten holt nun der Martin-Gropius-Bau nach Berlin; vermittelt durch Thomas Gaethgens, früher FU-Professor für Kunstgeschichte und heute Direktor des Getty Research Institute. Es arbeitet die Entstehung einer Kunst-Landschaft auf, die sich erst durch dieses Forschungs-Vorhaben als eigenständig erfährt.

 

Obwohl es durchaus genuin kalifornische Kunst-Formen gibt; entstanden aus Hitze, Weite und Wüste. Zwei Werke beschwören eingangs das ewige cruising auf endlosen highways herauf. Louis Hocks wandfüllende Video-Installation «Southern California» zeigt die Welt aus der Autofahrer-Perspektive: ein unablässiger Bilder-Strom aus vorbeiziehenden Landschaften, Straßen und Waren. Dazu liefert das Album «Every building on Sunset Boulevard» von Ed Ruscha die Moment-Aufnahmen: von jedem Haus auf meterlangem Leporello. Alles ist einfach da und jederzeit verfügbar.

 

Bigger is better

 

Im extremen Breitformat: Kaliforniens Künstler klotzen, um bemerkt zu werden. Bigger is better, was die erste Teil-Ausstellung «Gegenströmungen» angenehm schlank und übersichtlich macht. Anstatt sich enzyklopädisch in Details zu verlieren, beschränkt sie sich auf 70 wegweisende Werke von 50 Künstlern.