Helden können ziemlich einsam sein: Der Kampf gegen das Böse verlangt viel von ihnen. Und von den anderen, der Familie, den Freunden. Nämlich ein Übermaß an Ausdauer und Opferbereitschaft. Dazu kommt die skrupellose Rücksichtslosigkeit gegenüber eigenen Interessen, den Wünschen, dem zutiefst menschlichen Grundbedürfnis nach Geborgenheit und Zuneigung.
Info
The Lady - Ein geteiltes Herz
Regie: Luc Besson, 127 min., Frankreich 2011;
mit: Michelle Yeoh, David Thewlis, Htun Lin
Treue zu Heimat und Freiheits-Held
Das gilt auch für Burmas Friedens-Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi – zumindest in Luc Bessons Film «The Lady». Das Biopic würdigt das Engagement der bewundernswerten Oppositions-Führerin und unermüdlichen Streiterin für Demokratie. Es zeigt, wie sehr sie sich ihrer Heimat und ihrem Vater, der einst das Land in die Unabhängigkeit führte, verpflichtet fühlt.
Offizieller Film-Trailer
Mann stirbt in Oxford an Krebs
Doch Aung San Suu Kyis (authentisch: Michelle Yeoh) politischer Kampf fordert zahlreiche Opfer. Auch ihr Mann, der in Oxford lebende Tibetologe Michael Aris (leicht theatralisch: David Thewlis) wird am Ende des Films seinen Tribut entrichtet haben: Er stirbt an Krebs, ohne die unter Hausarrest stehende Suu noch einmal gesehen zu haben.
Wie man sich sein eigenes Lebensglück versagt, um einem anderen Menschen den Rücken freizuhalten, davon handelt Bessons Film in erster Linie. Dramatik und Melodramatik bestimmen die zwei Stunden, ganz große Gefühle inklusive. Das mag man dem Regisseur zum Vorwurf machen. Und es stimmt schon: Zuweilen kommt «The Lady» arg rührselig daher. Da wir geweint, geschluchzt, gelitten. Vor allem jedoch gehuldigt.
Mit Blumen im Haar die Stirn bieten
Selbst der Tod ihres geliebten Ehemanns kann Aung San Suu Kyi nicht davon abhalten, Burmas brutalen Machthabern friedlich die Stirn zu bieten. Mit Blumen im Haar, versteht sich. Auch das ist «The Lady»: ein Helden-Epos. Aber eines der etwas gelungeneren Art.
Besson scheut sich nicht, das ganze Ausmaß der Unterdrückung in Burma sichtbar zu machen, von einigen kitschig-folkloristischen Ausflügen abgesehen. Die Militärs, die das bitterarme Land seit Jahrzehnten beherrschen, sind an Grausamkeit kaum zu übertreffen. Die noch so kleinste oppositionelle Regung wird niedergeknüppelt und niedergeschossen. Folter und Mord gehören zum Alltag.
Gewaltlos gemäß Vorbild Gandhi
Im Gegensatz dazu setzen Aung San Suu Kyi und ihre «National League for Democracy» (NLD) ganz im Sinne eines Mahatma Gandhi allein auf gewaltlosen Widerstand. 1991 erhält die heute 66-Jährige für ihren Einsatz den Friedens-Nobelpreis – ein Schlag ins Gesicht für Burmas Junta. Ihrer menschenverachtenden Logik folgend, reagiert sie mit noch schärferer Repression.
Hintergrund
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.
Lesen Sie hier eine Besprechung der Ausstellung "Mythos Goldenes Dreieck" über Bergvölker in Südostasien im Ethnologischen Museum, Berlin-Dahlem
und hier einen Beitrag über die Ausstellung "ASIA: Looking South" über zeitgenössische Kunst aus Südostasien in der Galerie ARNDT, Berlin
Einsame Heldin unter Hausarrest
Auch am Schluss von Luc Bessons Film steht ein kleiner Triumph. Hunderte Mönche versammeln sich 2007 während der so genannten «Safran-Revolution» vor dem Haus von Aung San Suu Kyi. Lauthals rufen sie ihren Namen, lassen sich von den Soldaten nicht beeindrucken. Und dann kommt die Frau, auf der alle Hoffnungen ruhen.
Sie besteigt eine Leiter, um über das verbarrikadierte Eingangstor schauen zu können und winkt ihren Anhängern lächelnd zu. Eine strahlende Heldin, sicherlich. Doch das ändert nichts daran, dass es um sie herum auch ein wenig einsam geworden ist. Der Kampf gegen das Böse, er fordert seinen Tribut.