
Alles dreht sich um Wasser: Während Nathalie (Sabine Timoteo) auf Gran Canaria im Atlantik badet, landet ein Flüchtlings-Boot aus dem Senegal am Strand. Auf der Überfahrt ist den entkräfteten Insassen das Trinkwasser ausgegangen.
Info
Die Farbe des Ozeans
Regie: Maggie Peren, 97 min., Deutschland 2011;
mit: Sabine Timoteo, Hubert Koundé, Alex Gonzalez
Senegalesen werden abgeschoben
Polizei-Hauptmann José (Alex Gonzalez) verhört die Neuankömmlinge unbarmherzig: Falls sie Senegalesen sind, muss er sie sofort abschieben. José kennt Elend aus der eigenen Familie; seine Schwester Marielle ist ein Junkie. Zurück im All-inclusive-Hotel trifft Nathalie ihren Freund Paul (Friedrich Mücke), der nachgereist ist.
Offizieller Film-Trailer
Waisenkinder werden nicht abgeschoben
Derweil gelingt Zola mit seinem Sprössling die Flucht aus dem Lager; beide tauchen in einem Spaß-Bad unter, wo ein Landsmann ihnen angeblich helfen will. Telefonisch bittet der Flüchtling Nathalie um Geld für die Weiterreise – was sie ihm gegen den Willen ihres Freundes gibt.
Der hilfsbereite Landsmann entpuppt sich als Gangster: Um ihm das Geld abzunehmen, schlägt er Zola halbtot. Nathalie erfährt davon und lässt sich von José ins Krankenhaus bringen – zu spät. Grausame Ironie des Schicksals: Als Waise darf der kleine Mamadou nicht in seine Heimat zurückgeschickt werden.
Du hast keine Chance, also nutze sie
Eine Ferien-Insel als Schauplatz des culture clash zwischen Erster und Dritter Welt: Geschickt führt Regisseurin Maggie Peren drei völlig unterschiedliche Hauptfiguren ein, deren Wege sich kreuzen. Nathalie und Paul sind keine amüsierwütigen Pauschal-Touristen, sondern wissen um die Existenznot afrikanischer Wirtschafts-Flüchtlinge: Sie will helfen, er nicht.
Hintergrund
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.
Lesen Sie hier eine Rezension des Flüchtlings-Roadmovie "Black Brown White" von Erwin Wagenhofer
und hier eine Besprechung der Flüchtlings-Fantasie "Le Havre" von Aki Kaurismäki
und hier einen kultiversum-Beitrag über das Flüchtlings-Drama "14 Kilometer" von Gerardo Olivares.
Kühle Perspektive auf Sommer-Hitze
Aus dieser Konstellation hätte jeder Fernsehspiel-Regisseur ein Melodram gemacht, in dem der kulleräugige Schoko-Junge am Ende in ein neues Leben aufbricht. Nicht so Maggie Peren: Einfühlsam und zugleich abgeklärt stellt sie die engen Spielräume dar, innerhalb derer ihre drei Hauptdarsteller agieren.
Die Urlauberin, der Polizist und der Immigrant: Sie alle stoßen auf Dilemmata, denen sie nicht entkommen können. Das wird mit illusionsloser Kühle gezeigt, die trotz sengender Sommerhitze frösteln lässt. Seine polyperspektivische Ausweglosigkeit macht den Film intellektuell redlich – und belastet ihn mit einer schweren Hypothek für die Kino-Auswertung.
Bord-Programm für Sonnen-Anbeter
Welcher Kanaren-Tourist will sich eingestehen, dass sein Bade-Paradies gleichzeitig die Endstation für verzweifelte Flüchtlinge ist? Man sollte «Die Farbe des Ozeans» im Bord-Programm der Ferien-Flieger ausstrahlen: Damit unbeschwerte Sonnenanbeter wenigstens ahnen, was auf sie zukommt.