Früher waren Foto-Kameras und Autos die Exportschlager Japans, heute sind es Fisch-Häppchen. Sushi und Sashimi, kleine Leckerbissen aus Reis mit rohem Fisch, werden weltweit immer beliebter: Die einstige Delikatesse ist zum Fast-Food-Imbiss geworden. Mittlerweile gibt es Steak-Sushi in Texas und Sushi-Rollen am Stil – der Soja-Sauce enthält. Und in Indien und China kommen Millionen allmählich auf den Fisch-Geschmack.
Info
Sushi - The Global Catch
Regie: Mark S. Hall, 78 min., USA 2011;
mit: Hirofumo Hambata, Hagen Stehr, Casson Trenor
Thunfische einzeln angeln
Filmemacher Mark S. Hall verfolgt in seiner Doku die Verwertungskette des Rohstoffs, nachdem er aus dem Wasser geholt wurde. Er besucht Fischer im japanischen Küstenort Oma: Sie angeln traditionell einzelne Blauflossen-Thunfische, die sie sofort an Land bringen.
Offizieller Film-Trailer, englisch untertitelt
Mehr als 100.000 US-Dollar pro Thunfisch
Dadurch bleibt der Geschmack optimal erhalten: Ein bis zu 680 Kilo schwerer Thunfisch aus Oma wird bei täglichen Auktionen auf dem Tsukiji-Fischmarkt in Tokio – dem größten der Welt – für mehr als 100.000 US-Dollar pro Exemplar zugeschlagen. Das hohe Preis-Niveau und die althergebrachte Fang-Methode schonen die Schwärme; in der sechsmonatigen Saison angelt ein Oma-Fischer rund 30 bis 40 Stück.
Zu wenig, um den globalen Appetit zu stillen. Riesige Trawler können mit Ring-Netzen bis zu 3000 Tonnen Thunfisch fangen und transportieren. Zwar soll die internationale ICCAT-Kommission Fang-Quoten festlegen und kontrollieren, doch sie steht unter starkem Druck von Lobbyisten – das Akronym ICCAT lösen Spötter mit den Worten auf: «International Conspiracy To Catch All Tuna».
Bestände auf ein Fünftel geschrumpft
Im Vergleich zu 1950 ist die Zahl der Blauflossen-Thunfische in den Weltmeeren auf ein Fünftel gesunken. Geht der Raubbau unvermindert weiter, wird der «Porsche der Meere» – so nennen ihn Biologen wegen seiner stromlinienförmigen Gestalt und dem hohen Schwimm-Tempo – in spätestens 35 Jahren ausgestorben sein.
Für Casson Trenor, Betreiber des Bio-Sushi-Restaurants «Tataki» in San Francisco sind daher Blauflossen tabu: Auf seiner Speisekarte stehen nur Gelbflossen-Thunfisch und Rot-Forellen. Richtig zubereitet, seien diese Arten genauso lecker, versichert er.
15 Pfund Sardinen für ein Pfund Thunfisch
So würde ein deutscher Dokumentarfilm enden – mit dem flammenden Appell: Finger weg von Blauflossen! Doch Mark S. Hall ist pragmatischer US-Amerikaner; für ihn gibt es eine attraktivere Alternative. Sie besteht nicht in der zurzeit praktizierten Thunfisch-Zucht: Drei bis vier Jahre alte Exemplare werden eingepfercht und bis zum Maximal-Gewicht gemästet.
Hintergrund
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.
Lesen Sie hier eine Kritik des Spielfilms „Schwarzer Ozean“ von Marion Hänsel über französische Atombomben-Versuche im Pazifik
und hier eine Lobeshymne auf den Thriller „Bullhead“ von Michaël R. Roskam über die Rinderzucht-Mafia in Belgien.
Genießen, nicht den Bauch voll schlagen
Stattdessen baut der Einwanderer Hagen Stehr in Australien sein Unternehmen «Clean Seas Tuna» auf. Er will mit künstlichen Anreizen den ganzen Lebenszyklus von Thunfischen steuern, um sie in Gefangenschaft zu züchten. Sein Team hat schon viel erreicht: Als im März 2009 erstmals Blauflossen-Larven schlüpfen, weint Stehr vor Freude – ein großer Moment im Leben eines Fisch-Farmers.
Ansonsten plädiert der undogmatisch und besonnen argumentierende Film für Mäßigung. «Es geht nicht darum, keinen Thunfisch mehr zu essen, sondern darum, ihn mehr zu schätzen», sagt Hirofumo Hambata, Vorsitzender der Fischerei-Genossenschaft von Oma: «Man muss sich doch nicht den Bauch voll schlagen; man kann auch kleine Mengen genießen.» In diesem Sinne: Guten Appetit!