Frédéric Beigbeder ist die Skandal-Nudel des französischen Literatur-Betriebs – quasi eine männliche Charlotte Roche mit mehr Drang zum Rampenlicht. Wie Roche schreibt er fast nur über sich selbst; allerdings mit geringerer Neigung, eigene Körper-Flüssigkeiten und –Ausscheidungen detailliert auszubreiten.
Info
Das verflixte 3. Jahr
Regie: Frédéric Beigbeder, 100 min., Frankreich 2012;
mit: Gaspard Proust, Louise Bourgoin, Valérie Lemercier
Liebesleben mit Gimmicks
Nun auch auf der Leinwand: Beigbeder hat seinen Roman selbst verfilmt. Ihn «autobiographisch gefärbt» zu nennen, wäre eine krasse Untertreibung: Wir sehen eine kaum verfremdete Episode aus dem wechselhaften Liebesleben des Frédéric Beigbeder, mit ein paar Gimmicks und Konventionen des Genres «romantische Komödie» aufgehübscht.
Offizieller Film-Trailer
Drinks von Mund zu Mund weiterreichen
Sein alter ego Marc Maronnier (Gaspard Proust) ist tagsüber Literatur-Kritiker und nachts Szene-Kolumnist: Dann lungert er in dekadenten Clubs herum, wo exotische Schönheiten sich hochprozentige Drinks durch Mund-zu-Mund-Beatmung weiterreichen. Die Ehe mit Anne ging nach drei Jahren in die Brüche; warum, ist einerlei.
Sie dient Maronnier/Beigbeder nur dazu, seine mit sarkastischen Aphorismen gespickte Petitesse über die begrenzte Halbwertzeit der Liebe zu verfassen. Das Manuskript wird natürlich von renommierten Verlagen abgelehnt, bis die zynische Verlegerin Francesca Vernesi (Valérie Lemercier) es druckt – worauf es natürlich zum Überraschungs-Erfolg der Saison wird.
Macho-Schwuler heiratet Surf-Lehrer
Hintergrund
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.
Lesen Sie hier ein Interview mit Frédéric Beigbeder
und hier eine Besprechung des Melodrams "W.E." von Madonna über die Liebe zwischen Edward VIII. + Wallis Simpson
und hier eine Lob-Rede auf das Beziehungs-Drama "Tabu – Es ist die Seele ein Fremdes auf Erden" von Christoph Stark über den Dichter Georg Trakl + seine Schwester Gretl
und hier eine Hymne auf die Mehrgenerationen-Tragikomödie "Die Liebenden – von der Last, glücklich zu sein" von Christophe Honoré mit Catherine Deneuve + Chiara Mastroianni.
Eine romantische Komödie schlichtesten Strickmusters – zur Abwechslung einmal nicht im US-College- oder –Hausfrauen-Milieu, sondern vom Jahrmarkt der Eitelkeiten des Pariser Literaturbetriebs. Mit all den Anzüglichkeiten, die heutzutage dieses Genre aufpeppen: Unterleibs-Witze en gros, Besuche im Sex-Shop zum Ausprobieren diverser Spielzeuge – und der rüdeste Macho, der nonstop Frauen vernascht, entpuppt sich als verkappter Schwuler, der seinen Surf-Lehrer heiratet.
Nabelschau als Selbstverleugnung serviert
Was diesen seichten Cocktail im Abgang übel aufstoßen lässt, ist der dialektische Narzissmus des Autoren-Filmers Beigbeder: Seine unablässige Nabelschau serviert er als Selbstverleugnung um seiner großen Liebe willen – als wolle er seinen egomanen Westentaschen-Zynismus Lügen strafen. Dabei ist die Beziehung mit Alice natürlich längst passé.