Frédéric Beigbeder

Sex gehört zu Kino und Büchern dazu

Frédéric Beigbeder bei den Dreharbeiten zu "Das verflixte 3. Jahr". Foto: Prokino Filmverleih
In «Das verflixte 3. Jahr» verfilmt Frédéric Beigbeder eine Episode seines Liebeslebens. Ein Gespräch über Selbstentblößung, Mädchen per Klick bei Facebook und Panik-Attacken bei Dreharbeiten.

Im Film die Roman-Vorlage verbessern

 

Zwischen Buch und Film liegen 15 Jahre. Gibt es im Buch Dinge, die sich in der Zwischenzeit überholt haben?

 

Ja, reichlich. Mit dem Film wollte ich einiges davon loswerden und anderes hinzufügen. Zum Beispiel gab es noch keine Handys und kein Internet, im Film gibt es aber SMS. Auch die Eltern kamen im Buch nicht vor, genau wie der schwule Freund; gleichgeschlechtliche Ehen konnten damals nicht geschlossen werden.

 

Das ist einer der Gründe, warum ich Regie führen wollte: So hatte ich die Möglichkeit, ein bereits publiziertes Werk zu verbessern. Derlei kommt im Leben eines Schriftstellers normalerweise nicht vor. Wenn ein Buch einmal veröffentlicht ist, ist es zu spät, um es zu verbessern.

 

Kotze und Scheiße waren 1997 modern

 

Was mochten Sie denn nicht mehr an Ihrem Buch?

 

Das ist wie mit Witzen, die man früher lustig fand und für die man sich heute schämt. Sicher sind jetzt auch einige neue Witze dabei, für die ich mich in ein paar Jahren schämen werde. Im Buch gab es zum Beispiel eine Szene, in der Marc in einen Sex-Shop geht und onaniert, viel säuft und Drogen nimmt. Anschließend kehrt er in sein Appartement zurück und kotzt alles voll.

 

Das ist echter Trash. Aber 1997 war es modern, eine Menge Kotze und Scheiße, Drogen und Sex in seinem Buch zu haben. Vielleicht war das damals sogar notwendig. Dafür gibt es im Film jetzt eine Szene, in der sich Marc und seine große Liebe zusammen übergeben, eine romantische Kotz-Szene sozusagen. Aber nicht so trashig, wie es Charlotte Roche schreibt. Ich war in den 1990er Jahren ein bisschen wie sie.

 

Schauspieler, die nicht nur Schauspieler sind

Hintergrund

Lesen Sie hier eine Rezension von "Das verflixte 3. Jahr"

Offensichtlich ähnelt Ihnen Marc Marronnier sehr. Wie schwierig ist es, eine Person zu finden, die einen selbst verkörpert?

 

Es war unheimlich schwierig. Jean Dujardin mochte das Buch, hatte aber keine Zeit, und ich habe fünf Jahre lang nach dem passenden Schauspieler gesucht. Dann sah ich Gaspard Proust auf der Bühne und wusste: Das ist er. Er ist zynisch, cool, pessimistisch und hinter seiner harten Schale doch zerbrechlich und scheu.

 

Ich verliebte mich in ihn und gestand es ihm, obwohl ich normalerweise nur auf Frauen stehe (lacht). Er ist anders, originell und sehr offen. Ich mag Schauspieler, die nicht nur Schauspieler sind. Er ist auch comedian und Autor und brachte eine Reihe von Vorschlägen ein.

 

Bekam er auch die Erlaubnis, Ihr alter ego zu improvisieren?

 

Das würde ich so nicht sagen, die Dialoge standen fest. Aber wir haben viel gemeinsam geprobt und dabei auch einiges umgeschrieben. Beim Drehen bin ich kein großer Freund von Improvisation. Da gab es nur wenige Ausnahmen. Der Text entwickelte sich vorher bei den Proben.

 

Neue Bücher und Filme sind Teil des Jobs

 

Sie sind Autor, Gastgeber einer TV-Show, Herausgeber und jetzt auch Regisseur. Nutzen Sie das aus? Etwa, in dem Sie ein Buch empfehlen, um zu sehen, wie es davon profitiert?

 

Es wäre anmaßend, das zu behaupten, aber manchmal bin ich nützlich für andere. Ich bekam so die Chance, Leute kennen zu lernen, die ich bewundere, wie Simon Liberati und Pierre Mérot, habe inzwischen allerdings damit aufgehört, weil ich nicht mehr zum Schreiben gekommen bin.

 

Ich mag es, als Journalist oder Gastgeber einer Fernsehshow über die Arbeit anderer zu urteilen. Als Schriftsteller verstehe ich Kollegen nicht, die keine ihrer Zeitgenossen lesen. Ich bin sehr neugierig, was in der Literatur und auch im Kino passiert, ich sehe das als Teil meines Jobs. Ansonsten wäre ich doch wie ein Maler, der nicht ins Museum oder in Galerien geht. Das wäre absurd.

 

Regie führen flößt weniger Angst ein

 

Werden Sie wieder Regie führen? Oder hat Sie die Arbeit an diesem Film zu sehr ausgelaugt?

 

Es ist tatsächlich sehr anstrengend, aber eben auch sehr aufregend. Ich gönne mir jetzt eine Pause für zwei Monate oder Jahre – und wenn ich mutig genug bin, werde ich es wieder tun.

 

Allein und zurückgezogen in einem Raum ein Buch zu schreiben, ist auch sehr anstrengend. Beim Drehen hast du zwar Panik-Attacken, aber du bist weniger ängstlich, weil du besser vorbereitet bist. Wir hatten das Storyboard, dann die Proben vorher – das ist dann weniger angsteinflößend, als ein Buch zu schreiben.