Berlin

Berlin Art Week 2012

Taiyo Onorato & Nico Krebs: selbst gebaute Kameras (vorne) und Fotografien, 2012, Galerie RaebervonStenglin. Foto: Carl Halstenbach
Hauptstadt des Etiketten-Schwindels: Unter dem neuen Label «Berlin Art Week» zeigen elf Institutionen ihr ohnehin laufendes Programm. Darunter zwei Kunst-Messen: Die «abc – art berlin contemporary» überzeugt in diesem Jahr auch ohne Konzept.

 Top: Dan Peterman + Armin Linke bei Klosterfelde

 

Dass ihm Nachhaltigkeit eine künstlerische Herzensangelegenheit ist, beweist der US-Künstler Dan Peterman, der schon lange von der Galerie Klosterfelde vertreten wird: Er recycelt Plastik-Abfälle und verarbeitet sie zu Kunst-Objekten, Gebrauchs-Gegenständen und Mobiliar.

 

Damit überwindet Peterman spielend die Grenzen zwischen Kunst und Design; ökologische Fragen beantwortet er ohne moralischen Zeigefinger. In Kombination mit großformatigen Fotografien von Armin Linke wird daraus eine überzeugende Ausstellung.

 

Flop: Maria Loboda + Lorenzo Scotto di Luzio bei Krome

 

Hier hat sich die Konzeptlosigkeit der abc offenbar vom Großen ins Kleine übertragen: Während die gesamte Schau trotzdem glückt, führt das bei manchen Ausstellern leider zu Lieblosigkeit. Zum Beispiel bei der Krome Gallery: Karikatur-Skulpturen treffen auf arglose Objekte, ohne dass ein Funke auch nur die Möglichkeit hätte, überzuspringen.

 

Top: Taiyo Onorato & Nico Krebs bei RaebervonStenglin

 

Mit aufwändigen Projekten hat das Schweizer Künstler-Duo in der Vergangenheit bewiesen, dass man Fotografie immer wieder erweitern kann: im Spiel zwischen Wahrnehmung und Medium.

 

Ihren besonderen Humor bewahren sich beide Künstler auch bei neuen Arbeiten, für die sie wieder Fotografie und Skulptur kontrastieren. Sie zeigen Experimental-Fotos und nicht minder experimentelle Foto-Kameras: aus Schildkröten-Panzern oder Gürtel-Tieren.

 

Flop: Timur Si-Qin bei Société

 

Mit Samurai-Schwertern Duschgel-Plastikflaschen aufspießen, um zu schauen, was dabei heraus läuft, klingt nach einem pubertären Spaß. Mehr ist es auch nicht, was Timur Si-Qin vorführt.

 

Top: Rinus van de Velde bei Zink

 

Was tun, wenn die zugewiesene Ausstellungs-Fläche nur aus einer Wand nahe am Eingang besteht, an der die Kunst-Meute achtlos vorbeizulaufen droht? Man macht auf sich aufmerksam – mit den Mitteln der Kunst und ihrer Präsentation.

 

Kein Problem für den Niederländer Rinus van de Velde: Vor seinen riesigen Kohle-Zeichnungen bleibt jeder Passant unvermittelt stehen und versucht, ihrer narrativen Bild-Epik auf die Schliche zu kommen.

 

Flop: Mathilde Rosier bei Kadel Willborn

 

Nur weil eine Galerie aus Karlsruhe kommt, muss sie nicht provinziell auftreten: Immerhin hat die badische Regional-Metropole das «Zentrum für Kunst und Medientechnologie» (ZKM) aufzubieten. Diese Präsentation von Mathilde Rosiers Malerei wirkt jedoch wie aus Zeit und Ort herausgefallen: naive Tanz-Szenen, vor blauem Vorhang aufgeständert.

 

Top: Jessica Jackson Hutchins bei Laurel Gitlen

 

Die Galerie aus New York ist zum ersten Mal bei der abc, doch präsentiert sich, als wäre sie schon immer dabei gewesen. Auf wenig Raum zeigt Laurel Gitlen eigenartige Objekte, die mit grellen Wand-Reliefs kommunizieren.

 

Skulptur, Malerei und Installation verwebt die Künstlerin Jessica Jackson Hutchins zu einem Environment, das seinen Namen verdient. Sie schafft Umgebungen, in denen man sich aufhalten, umsehen und vielleicht irgendwann einmal Fragen stellen will.

 

Top: Seung-taek Lee bei Hyundai

 

Die südkoreanische Gallery Hyundai aus Seoul gibt ebenfalls ihren Einstand auf der abc und beweist Mut: Sie tritt mit den sperrig-poetischen Arbeiten des 81-jährigen Künstlers Seung-taek Lee an.

 

Textile Wand- und Kunststoff-Objekte sowie Mobiles aus Kieselsteinen strahlen archaische Energie aus – wie das missing link zwischen zeitgenössischer Kunst aus Asien und westlichen Positionen von Künstlerinnen wie Eva Hesse oder Louise Bourgeois.

 

Top: Fabian Knecht bei Christophe Gaillard

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier einen Bericht über das "Gallery Weekend" 2012 in Berlin

 

und hier einen Beitrag über das Kunst-Magazin im XXL-Format "Upon Paper" mit Werken von Rinus van de Velde

 

und hier eine Besprechung der Kunst-Messe “art berlin contemporary2011 in Berlin.

 

Readymades und Performance haben auf den ersten Blick wenig miteinander gemeinsam. Doch die Pariser Galerie Gaillard will das Gegenteil beweisen, indem sie den Berliner Künstler Fabian Knecht ausgewählt hat.

 

Er kontrastiert Fotos von eigenen Performances und Vorgefundenem mit skulpturalen Readymades. Jedes Element bildet für sich ein ikonisches Bild; zugleich bauen sie subtile Beziehungen zueinander auf.

 

Top: Dieter Meier bei Grieder Contemporary

 

Der Grandseigneur des Elektropop-Duos «Yello» ist und bleibt ein Alleskönner: Bonvivant und Disco-Pionier, Boxer, Pokerspieler, Hyper-Ästhet, sympathischer Aufschneider – und Konzept-Künstler. Seine Züricher Galerie präsentiert Meiers intelligenten Blick auf die Skurrilitäten des Alltags.