Emir Kusturica

Ein griechischer Sommer

Strand-Fußball mit Pelikan: Yannis (Thibault Le Guellec) und sein neuer Freund. Foto: © Neue Visionen Filmverleih
(Kinostart: 11.10.) Herzerwärmende Sommer-Komödie für alle, die sich an Herbst-Abenden mit einer Ägäis-Idylle über die Euro-Krise hinwegtrösten wollen. In der Hauptrolle schlägt sich Regisseur Emir Kusturica mit einem Pelikan herum.

Die Stimmung ist schlecht in Griechenland. Während Temperaturen und Blätter fallen, versucht der Film von Regisseur Olivier Horlait, noch einmal die Erinnerung an unbeschwerte Tage zu beleben – und sei es nur für die Länge eines Sommer-Films.

 

Info

Ein griechischer Sommer

 

Regie: Olivier Horlait, 95 min., Frankreich 2011;
mit: Emir Kusturica, Thibaut Le Guellec, Jade-Rose Parker

 

Website zum Film

Der versetzt sein Publikum zurück in die Zeit, als der Euro noch jung war – wie Yannis, Erzähler und Hauptperson des Films. Der 14-Jährige lebt mit seinem Vater, dem Fischer Demosthenes (Emir Kusturica), auf der vom Tourismus noch fast unbeleckten – und deshalb natürlich fiktiven – Insel Zora in der Ägäis.

 

Tausche Kruzifix gegen Pelikan

 

Der Tod seiner Frau hat den Vater mürrisch und unnahbar gemacht. Dem Sohn, der die meiste Zeit allein verbringt, ist von der Mutter nur ein goldenes Kruzifix geblieben. Ausgerechnet das tauscht Yannis eines Tages bei einem schmierigen Fährkapitän gegen einen Jung-Vogel ein, der sich beim Heranwachsen als Pelikan entpuppt.


Offizieller Filmtrailer


 

Disney-Aroma über der Ägäis 

 

Als sich die Geschichte der Freundschaft zwischen Kind und Tier entspinnt, macht sich der Kaugummi-Geschmack von US-Vorbildern wie einschlägigen Walt-Disney-Filmen breit. Vom Vater argwöhnisch beäugt, wird der Pelikan zur Touristen-Attraktion und Sohn Yannis zum Held des Dorfes. Das entgeht auch Angeliki (Jade-Rose Parker) nicht, der hübschen Nichte des Inselcafé-Besitzers.

 

So trödelt der Film harmlos humorvoll vor sich hin. Dabei lässt er nichts aus,  was zur mediterranen Wohlfühl-Komödie dazugehört: lakonischer Humor, liebevolle Porträts archetypischer Dorf-Bewohner und eine jugendliche Hauptdarstellerin in sehr knappen Sommer-Klamotten.

 

Film-Star muss Federn lassen

 

Als echte Entdeckung erweist sich – neben dem überzeugenden Thibault Le Guellec als Yannis – der Pelikan namens Nicostratos: Er hat ein paar wunderbare Szenen mit seinem Kompagnon, einer Ziege. Dabei legt der Vogel tatsächlich etwas Ähnliches wie schauspielerisches Talent an den Tag

 

Das wird allerdings durch seine nachträgliche Synchronisation unnötig stark betont; es fragt sich, ob als Pelikan-Küken ein Roboter zum Einsatz kam. Umso bemerkenswerter ist, dass Regisseur Horlait seinen Sympathie-Träger nach zwei Dritteln des Films vor einen Bus fliegen lässt – er muss final Federn lassen.

 

Unbeschwert-folgenlose Urlaubs-Geschichte

 

Hintergrund

Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.

 

Lesen Sie hier eine Besprechung des griechischen Films "Attenberg" von Athina Rachel Tsangari, ebenso über Tiere, Jugend + erste Liebe

 

und hier einen Beitrag  über die Ausstellung “Kykladen - Lebenswelten einer frühgriechischen Kultur” mit Mamor-Idolen aus der Früh-Antike.

Ab diesem Punkt hätte es interessant werden können. Jedoch steuert der Film geradlinig, ohne Katharsis und nahezu zwanghaft auf ein unvermeidliches happy end zu. Der Autor der Romanvorlage Eric Boisset lässt wissen, diese Geschichte sei im Urlaub eingefallen: So unbeschwert und folgenlos verstreicht sie auch in der Verfilmung.

 

Als harmloses Vergnügen für die ganze Familie kann man «Ein griechischer Sommer» bedenkenlos durchwinken. Obwohl die für Kinder und Jugendliche interessanten Themen viel zu oberflächlich bis gar nicht abgehandelt werden: die erste Liebe, Tod der Mutter und ein depressiver Vater.

 

Wohlfühl-Kino à la «Welt der Amélie»

 

Erwachsene dürften hingegen von der Art, wie ein französisches Team sich seine griechische Insel-Idylle durch den Filter von Wohlfühl-Komödien à la «Die fabelhafte Welt der Amélie» schönfilmt, eher peinlich berührt werden: Hier bleibt der Himmel über der Ägäis stets ebenso strahlend blau wie das Meer, und das junge Glück der ersten Liebe ist herzergreifend niedlich.