Venedig

Architektur-Biennale 2012

Architektur-Biennale Venedig 2012: Innen-Ausstattung des zentralen Pavillons von Kuehn Malvezzi mit Fotografien von Candida Höfer. Foto: Susanne Röllig
Auf der 13. Architektur-Ausstellung in Venedig sind deutsche Beiträge sehr präsent: Foto-Serien der Becher-Schule und ein Paradigmen-Wechsel im Deutschen Pavillon – der Architekt Muck Petzet empfiehlt Umnutzung anstelle von Neubauten.

In Deutschland hat der britische Architekt David Chipperfield seine größten Erfolge gefeiert. In Berlin baut er sich gerade ein neues Büro: Der Stadt ist er verbunden, seit er das Neue Museum restaurierte und mit seiner kritischen Rekonstruktion Maßstäbe setzte. In diesem Jahr darf Chipperfield in Venedig die 13. Internationale Architektur-Ausstellung als Kurator ausrichten.

 

Info

Architektur-Biennale Venedig 2012

 

29.08.2012 - 25.11.2012
täglich außer montags 10 bis 18 Uhr in den Giardini + Arsenale, Venedig

 

Website zur Ausstellung

Als kein Mann der großen Geste hat er es sich bei der Biennale relativ einfach gemacht: Unter dem Motto «Common Ground» lud er Künstler und Architekten ein, die ihrerseits wieder Einladungen an Kollegen aussprechen durften. Unter common ground versteht Chipperfield gleiche Grundvoraussetzungen, die sich bei Planung und Ausführung für alle Architekten ergeben, die aber unterschiedlich ausgelegt und genutzt werden.

 

Foto-Serien von Thomas Struth

 

So einfach, wie sich diese Prämisse anhört, ist sie freilich nicht, wie man in der gebauten Umwelt jederzeit und allerorten beobachten kann. Der Beobachtung von Architektur haben sich besonders Künstler verschrieben, allen voran die Fotografen. Auf der Biennale findet man in diesem Jahr hauptsächlich altbekannte.

 

Der ehemalige Becher-Schüler Thomas Struth hat sich als Künstler profiliert, der Architektur in seinen Bildern fotografiert und dokumentiert, aber gleichzeitig stilisiert. Seine Foto-Serien tauchen auf der Biennale an vielen Stellen auf, als Blick des Künstlers auf architektonische Realität da draußen. Ob New York oder die Boom-Städte Asiens, der Berliner Mauerstreifen oder die Formensprache von Beton-Fassaden: Struth vermag es, immer auch auf die soziale Funktion von Architektur und Spuren ihrer Nutzung hinzuweisen.

 

Bäumchen + Barrikade vor Eingang

 

Auch Candida Höfer hat von ihren Lehrer Bernd und Hilla Becher den analytischen Blick auf Architektur gelernt, den sie allerdings bevorzugt in Innenräume lenkt. Für das Umfeld ihrer Bilder haben die Berliner Architekten Kuehn Malvezzi gesorgt: Sie stellten Korridore aus dunkelgrauem Backstein ohne Verbund in den zentralen Ausstellungspavillon.

 

Damit weisen sie einerseits daraufhin, dass sie gefeierte Ausstellungsarchitekten sind; andererseits propagieren sie nur scheinbar Solidität in einer Zeit, in der temporäre Bauten wichtiger werden. Sie beziehen Anti-Pose: Der Eingang zum Pavillon ist barrikadiert; davor pflanzen sie eine steinerne Insel, aus der wie zum Trotz ein Bäumchen wächst.

 

Demand-Fotos der Modelle von John Lautner

 

Berühmte deutsche Fotokünstler sind gut vertreten auf der Biennale. Thomas Demand fand sogar mit ganz neuen Arbeiten endlich eine Inspiration, sich von seinem gewohnten künstlerischen Erfolgsmodell zumindest teilweise zu lösen: der Ablichtung von Räumen, die er zuvor als Modelle nachgebaut hat.

 

In Los Angeles arbeitete Demand mit dem Nachlass des amerikanischen Architekten John Lautner, der einige der ikonischen West-Coast-Villen entworfen hat. Die Annäherung an Lautners Architektur-Modelle gibt ihm offenbar Freiheit, die eigene Ästhetik zu überdenken und partiell zu durchbrechen. Wohl auch, weil Lautners Modellbau-Handwerk nichts von der klinischen Perfektion der Attrappen hat, die in Demands Atelier entstehen.

 

Während Lautner seine Modelle als Entwurfs-Werkstatt dienten, beutet Demand sie als Laboratorium der eigenen Wahrnehmung aus. Um Details aufzunehmen, fährt er mit seiner Kameralinse tief in die Architektur der fremden Modelle ein – und wirft sie damit über Bord.