Baden-Baden

Der Rhein – Ritterburgen mit Eisenbahnanschluss

Ludwig Bleuler: Burg Stolzenfels, Gouache, 1827. Foto: © Museum LA 8 Baden-Baden
Boom der Rhein-Romantik: Als Dampfer und Bahn das Fluss-Tal erschlossen, wuchs die Lust auf Ritter-Burgen. Wie der Strom zugleich industrialisiert und idealisiert wurde, führt das Museum für Kunst und Technik im 19. Jahrhundert anschaulich vor.

Der Rhein ist ein ganz besonderer Fluss. Donau und Oder durchströmen ebenfalls weite Teile Deutschlands, bieten mildes Mikro-Klima und liebliche Ansichten. Doch nur der Rhein genießt einen geradezu mythischen Ruf; er lockt bis heute alljährlich Hunderttausende von Urlaubern an seine Ufer.

 

Info

Der Rhein - Ritterburgen mit Eisenbahnanschluss

 

22.09.2012 – 03.03.2013
täglich außer montags 11 bis 18 Uhr im Museum für Kunst und Technik des 19. Jahrhunderts, Lichtentaler Allee 8, Baden-Baden

 

Katalog 19 € 

 

Weitere Informationen

Warum ist es am Rhein so schön? Weil seine landschaftlichen Reize ab Anfang des 19. Jahrhunderts ab dem Moment geschätzt wurden, als sie verloren zu gehen drohten: mit dem Beginn der Industrialisierung, die das dicht bewohnte und intensiv genutzte Fluss-Tal rasch prägte.

 

Gebiete links des Rheins zu Preußen

 

Zudem veränderte sich die politische Landkarte: In den Befreiungs-Kriegen hatte Deutschland die napoleonische Fremdherrschaft abgeschüttelt. Bei der Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongress 1815 wurden Preußen die linksrheinischen Gebiete von Kleve bis Speyer zugeschlagen; die Hohenzollern-Dynastie nahm ihre neuen Ländereien tatkräftig in Besitz.


Interview mit Kurator Matthias Winzen + Impressionen der Ausstellung


 

Drachenburg mit Zahnrad-Bahn

 

Kronprinz Friedrich Wilhelm (1795 – 1861), später als König Friedrich Wilhelm IV. der «Romantiker auf dem Thron» genannt, erhielt 1823 von der Stadt Koblenz die Ruine der Burg Stolzenfels geschenkt. Er ließ sie ab 1836 nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel zu einem Residenz-Schloss ausbauen; andere preußische Prinzen eiferten ihm nach.

 

Ihrem Vorbild folgten Adlige und Industrielle, die Rhein-Burgen kauften, um-, aus- oder gar neu erbauen ließen: für die 1884 fertig gestellte Drachenburg wurde sofort eine Zahnrad-Bahn angelegt, um Besucher bequem hinauf zu befördern. Heute zählt der Mittelrhein zwischen Mainz und Koblenz zum UNESCO-Weltkulturerbe mit der weltweit größten Dichte von Burgen und Ruinen: mehr als 40 Anlagen auf einer Strecke von nur 65 Fluss-Kilometern.

 

Brentano erfindet Loreley-Mythos

 

Natürlich war das malerische Tal schon vor dem 19. Jahrhundert bekannt; junge Adlige besuchten es auf ihrer Grand Tour durch Europa. Für Anrainer war der Rhein aber vor allem Verkehrs-Ader und Erwerbs-Quelle. Mit bis zu 500 Meter langen Flößen wurde Holz vom Oberrhein bis in die Niederlanden verfrachtet; Schiffs-Mühlen auf dem Fluss beuteten die Wasserkraft aus und brachten Steuern ein.

 

Doch um 1800 wurde der Rhein zum Sehnsuchts-Ort der Romantiker. Heinrich von Kleist schwärmte von einer «Gegend wie ein Dichtertraum, und die üppigste Phantasie kann nichts schöneres erdenken als dieses Tal». Clemens von Brentano reiste mit Achim von Arnim den Fluss entlang und erfand in seiner Ballade «Zu Bacharach am Rheine» den Loreley-Mythos.

 

Eine Million Dampfer-Passagiere 1849

 

Mit ihm wurde die ganze Rhein-Romantik enorm populär: Zwischen 1790 und 1840 erschienen 180 Bücher über Rhein-Reisen in verschiedenen Sprachen. Dieser Boom war allerdings moderner Technik zu verdanken. Ab 1817 begann in Baden unter Leitung des Ingenieur-Offiziers Johann Gottfried Tulla die Begradigung des Fluss-Betts.

 

Ab 1827 verkehrten regelmäßig Dampfschiffe zwischen Köln und Mainz. Sie fanden großen Zulauf: 1839 beförderten alle Rhein-Dampfer zusammen fast 500.000, zehn Jahre darauf bereits mehr als eine Million Passagiere jährlich. Derweil wurde das gesamte Tal für die Eisenbahn erschlossen.