Für Regisseur Fatih Akin ist es eine Rückkehr zu familiären Wurzeln: Seine Großeltern stammen aus dem idyllischen Dorf Çamburnu an der türkischen Schwarzmeer-Küste, einem Zentrum des Tee-Anbaus. Hier ist das Klima freundlich, die Gegend fruchtbar und die Aussicht aufs Meer großartig.
Info
Müll im Garten Eden
Regie: Fatih Akin, 85 min., Deutschland 2012;
mit: Hüseyin Alioğlu + den Bewohnern von Çamburnu
Behörden nutzen Gesetzes-Lücken
Die Dorf-Bewohner und ihr Bürgermeister Hüseyin Alioğlu bekämpften das Projekt, aber ohne Chance auf Erfolg: Die Behörden nutzten Gesetzes-Lücken aus, um es durchzusetzen. Den Protest gegen die Deponie hat Akin fast sechs Jahre lang begleitet; die letzten Aufnahmen entstanden im Februar 2012.
Offizieller Filmtrailer
Musik gegen die Umwelt-Katastrophe
Als Dokumentarfilmer kann Akin sehr zielsicher Emotionen einfangen und beim Zuschauer auslösen, wie er 2005 mit dem mitreißenden Musik-Film «Crossing the Bridge – The Sound of Istanbul» bewies. Auch bei «Müll im Garten Eden» setzt er wiederholt Musik ein: Da singt etwa ein alter Mann in der Dorfpinte mit wackerer Stimme gegen die Deponie an.
Auf einem Solidaritäts-Konzert begleitet eine Gruppe von Mädchen im Publikum aus vollem Halse die Sängerin oben auf der Bühne. Und ein gemeinsamer Tanz, für den viele Dorfbewohner in einem Kreis zusammenkommen, symbolisiert bildlich ihren Zusammenhalt.
Kafkaeske Konfrontations-Szenen
In solchen Momenten verwandelt sich die Wut auf die umweltschädliche Müll-Kippe und unbewegliche Behörden für einige Augenblicke in positive Energie. Was deutlich zeigt, dass die Einwohner von Çamburnu nicht verbittert resigniert haben. Grund genug hätten sie.
Hintergrund
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau
bei Film-Zeit.
Lesen Sie hier ein Interview mit Fatih Akin über "Müll im Garten Eden"
und hier eine Besprechung des Films "Babamin Sesi – Die Stimme meines Vaters" von Orhan Eskiköy und Zeynal Doğan über kurdische Aleviten in der Türkei.
und hier einen Beitrag über den Film "Das grüne Wunder - Unser Wald ", eine Langzeit-Doku von Naturfilmer Jan Haft
sowie eine Rezension der Doku "Sushi - The Global Catch" von Mark S. Hall über die Überfischung der Ozeane.
Parfüm gegen den Gestank
Daneben dokumentiert der Film die Deponie-Anlage selbst: Bei ihrem Bau werden Schutz-Maßnahmen nicht eingehalten oder reichen nicht aus. Bald stinkt der Müll-Berg zum Himmel; um das zu kaschieren, wird Parfüm in der Gegend versprüht. Schließlich zerbricht das Rückhalte-Becken der Klärgrube: Giftige Abwässer versickern im Boden.
Fatih Akin gibt den Auftritten der Menschen aus dem Dorf viel Raum: Er zeigt, mit wie viel renitentem Beharrungsvermögen sie für ihr Recht auf eine lebenswerte Umwelt streiten. So stellt sich beim Zusehen ein etwas paradoxer Effekt ein: Obwohl ihr Kampf gegen den Müll und die betonköpfigen Behörden offensichtlich völlig ergebnislos verläuft, bleibt am Schluss der Eindruck einer Gesellschaft wehrhafter Individuen, die sich den Mund nicht verbieten lassen. Und das ist eigentlich sehr schön. Die paar Längen, die der Film hat, verzeiht man ihm dafür gern.